So nehmen grüne Unternehmen politischen Einfluss – UnternehmensGrün.
von Michael. - Lesezeit: 3 Minuten
Was macht UnternehmensGrün und warum wurde der Verband gegründet?
STEFANIE HERZOG: UnternehmensGrün ist die politische Stimme der nachhaltigen Wirtschaft, die sich vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen einsetzt. Wir sagen, dass es eine andere Stimme aus der Wirtschaft geben muss – ein Netzwerk, in dem nachhaltige Unternehmen zusammenkommen. Diese Stimme bilden wir ab. Über 250 Unternehmen sind inzwischen dabei.
Zur Landkarte Social Business von PolarsternUnternehmensGrün will die politischen Rahmenbedingungen für einen Wandel in der Wirtschaft schaffen. Was ist darunter konkret zu verstehen?
STEFANIE HERZOG: Zum Beispiel haben wir als Unternehmensverband das Erneuerbare-Energien-Gesetz und die Ökosteuer begleitet. Aktuell setzen wir uns beispielsweise für Gesetze ein, die eine nachhaltige Beschaffung und nachhaltige Gebäudesanierung in Wirtschaft und Verwaltung regeln.
Wie kann man sich die Lobbyarbeit bei UnternehmensGrün vorstellen?
STEFANIE HERZOG: Wir sind ein branchenübergreifendes Netzwerk, da hat jedes Mitgliedsunternehmen ein besonderes Anliegen. Auf unserer Jahrestagung erörtern wir diese Themen und setzen gleichzeitig einen Themenschwerpunkt, den wir angehen wollen. In diesem Jahr ist es zum Beispiel Mobilität. Für die konkrete politische Arbeit organisieren wir unsere Berlintage. Hier treffen wir uns dann mit Politikerinnen und Politikern, tragen unsere Forderungen vor, die wir voranbringen wollen.
Sind ökologische Themen nicht längst parteiübergreifende Fragen?
STEFANIE HERZOG: Grundsätzlich suchen wir je nach Thema in jeder Partei die richtigen Ansprechpartner und tauschen uns da aus. Sehr gute Kontakte haben wir beispielsweise zu den Grünen, das bringt unser Thema mit sich. Das heißt aber nicht, dass wir nicht auch hier kontrovers diskutieren würden, UnternehmensGrün ist politisch unabhängig.
Wer ist weiter in Sachen Nachhaltigkeit: die Wirtschaft oder die Politik?
STEFANIE HERZOG: Manchmal sind es die Unternehmen. Vor der letzten Bundestagswahl haben wir den Parteien Wahlprüfsteine vorgelegt, um ihre Haltung zu Firmenstrom zu prüfen. Da geht es um Unternehmen, die ihren Energiebedarf mit selbst produziertem Strom decken wollen. Wir wollten wissen, wie Parteien hier die bestehenden Hürden abbauen wollen. Wir haben festgestellt, dass Unternehmen da schon viel weiter sind – und eher die Politik hinterherhinkt.
Wo ist der Einfluss von nachhaltigen Unternehmen in der Wirtschaft erkennbar?
STEFANIE HERZOG: Man sieht in vielen Bereichen, dass Bio keine Nische mehr ist. Die Verfügbarkeit von Bioprodukten nimmt überall zu, sogar in den Discountern. Ein weiterer Indikator ist die Bedeutung des CSR- und Nachhaltigkeitsmanagements in den Unternehmen. In der Gesellschaft ist das Bewusstsein zwar gestiegen, durchgesetzt hat es sich aber noch nicht. Auch passiert in den konventionellen Unternehmensverbänden immer noch zu wenig. Aber: Sie werden offener für Gespräche. Das sehen wir auch an den Einladungen, die wir bekommen. Zum Beispiel in der Debatte um TTIP haben wir mit dem Bundesverband mittelständische Wirtschaft zusammengearbeitet.
Läuft man Lobbyisten aus der konventionellen Wirtschaft über den Weg?
STEFANIE HERZOG: Ja, natürlich. Denn die dunkle Seite der Macht hat viel mehr Geld und dadurch auch – leider – sehr großen Einfluss. Das mussten wir schon am eigenen Leib beim Thema Freihandel, CO2-Bepreisung oder Kohleausstieg feststellen.
Gibt es bei Veranstaltungen Konkurrenz um die Gunst von Politikern?
STEFANIE HERZOG: Ganz oft machen wir die Erfahrung, dass auch das Herz der Politiker_innen für die Betriebe in der Region, für nachhaltige Wirtschaftsstrukturen und grüne Produkte schlägt – so dass wir da auf offene Ohren und Sympathie stoßen.
Wie gewinnt man politisch an Einfluss?
STEFANIE HERZOG: Indem man größer wird. Das heißt, je mehr Unternehmen hinter UnternehmensGrün stehen, desto mehr Einfluss haben wir, etwas zu verändern.
Welche Unternehmen können bei UnternehmensGrün mitmachen?
STEFANIE HERZOG: Generell sind alle Unternehmen, die eine neue Richtung einschlagen wollen, bei uns willkommen. Das gilt nicht nur für Unternehmen, die jetzt schon hundertprozentig nachhaltig sind.
Weil man für Veränderung alle braucht.
STEFANIE HERZOG: Genau. Es bringt nichts, wenn sich nur die nachhaltigen Unternehmen einig sind. Wir erreichen am Ende sonst gar nicht die, die mit verändern müssen. Um zukunftsfähig zu wirtschaften, müssen Unternehmen umdenken, da sind auch die kleinen Schritte wichtig. Es geht ums Vorankommen.
Inspirierende Beispiele aus der nachhaltigen Wirtschaft.
Das heißt, allein die Einstellung muss stimmen?
STEFANIE HERZOG: Nein, im Unternehmen muss Nachhaltigkeit schon ernsthaft umgesetzt werden. Da wir aber kein „Prüfsiegel“ vergeben, gibt es keine festgelegten Kriterien. Unsere Blacklist, die Unternehmen von der Mitgliedschaft ausschließt, umfasst neben Branchen wie Atomkraft, fossile Brennstoffe, Agro-Gentechnik oder Tabak auch den Punkt, dass wir keine Firmen aufnehmen, die an ihrem Firmensitz und/oder in dem Marktgebiet, dessen Infrastruktur sie nutzen, ihrer Steuerpflicht nicht gewissenhaft und verantwortlich nachkommen.
Wie können Unternehmen wirklich grüner werden?
STEFANIE HERZOG: Das Wichtigste von unserer Seite ist, das Kernprodukt grüner zu machen und dafür alle Möglichkeiten in der Produktion, Lieferkette und Beschaffung auszuloten. Die ersten und einfachsten Schritte sind natürlich, zu einer grünen Bank und einem wirklich nachhaltigen Stromanbieter zu wechseln.
Vielen Dank!
Titelfoto: © Sven Loeffler
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