Sektorenkopplung im Mieterstrom: Strom- und Wärmeversorgung mit Photovoltaik und Wärmepumpe.
von Manuel. - Lesezeit: 3 Minuten
Während im Neubau vor allem der Wunsch, selbst erzeugte Energie intensiv zu nutzen, im Mittelpunkt steht, ist es in Bestandsgebäuden oft die Modernisierung der Heizungsanlage, die den Impuls gibt, Strom- und Wärmeversorgung im Mieterstrom zu kombinieren.
Der Klassiker der kombinierten Strom- und Wärmeversorgung im Mieterstrom sind Photovoltaikanlage (PV-Anlage) und Blockheizkraftwerk (BHKW). Das erfordert jedoch eine kontinuierlich hohe Wärmeabnahme und damit große Gebäude. Eine Alternative gerade bei neuen und sanierten Gebäuden ist die Verbindung von Photovoltaik und Wärmepumpe im Mehrfamilienhaus.
Der Wärmebedarf kann hier bei guter Dämmung auch im Winter ausreichend von einer Luft-Wasser-Wärmepumpe, der am meisten verbreiteten Wärmepumpentechnik, erfüllt werden; und das bei kleineren sowie bei größeren Gebäude mit mehr als hundert Wohnungen.
Zudem werden im Rahmen der Mieterstrom-Versorgung von Quartieren und Mehrfamilienhäusern immer häufiger mehrere Wärmepumpen installiert. Miteinander verknüpft ergänzen sie sich ideal und übernehmen vielfältige Aufgaben wie die Versorgung von Wärme, Warmwasser und Kälte. Die Vorteile einer Verknüpfung von Photovoltaikanlage und Wärmepumpe im Mehrfamilienhaus haben wir hier im Artikel zusammengefasst.
Was ist Sektorenkopplung?
Wenn Sektoren miteinander verbunden werden, bezeichnet man es als Sektorenkopplung – sprich die Verknüpfung von Strom, Wärme und/oder Mobilität. Die Sektorenkopplung ist der Schlüssel für die Energiewende. Schließlich wird so erneuerbare Energie effizient genutzt und unterstützt die Dekarbonisierung. Denn durch die Verknüpfung der einzelnen Sektoren können wechselseitig Strom-Defizite und -Überschüsse ausgeglichen werden. Nachdem der Stromsektor lange Zeit im Fokus stand, ist er über die Sektorenkopplung nun auch ein Treiber der Dekarbonisierung in anderen Sektoren. Neben der direkten Elektrifizierung soll dies auch über die Erzeugung von grünem Wasserstoff erreicht werden.
Sektorenkopplung verbessert den Primärenergiefaktor.
Mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) wird vor Ort erzeugter und genutzter Strom auf die Ermittlung des Primärenergiebedarfs angerechnet, sprich es kann ein pauschaler Betrag abgezogen werden. Wie hoch dieser Betrag ist, hängt von der installierten Nennleistung ab. Maximal können mit PV-Anlage 30 % des errechneten Primärenergiebedarfs des Referenzgebäudes angerechnet werden. Ist zusätzlich ein Stromspeicher installiert, sind es maximal 45 %.
Die Anrechnung von Photovoltaikstrom nach § 23 GEG erfolgt über eine monatsweise Gegenüberstellung von gebäudebezogenem Strombedarf im Rahmen der Energiebilanz des GEG und dem dazu nutzbaren Stromertrag.
Die lokale Stromerzeugung mit PV-Anlage wird auch auf den geforderten Mindestanteil an erneuerbaren Energien in der Wärmeversorgung angerechnet. Der Energiebedarf für die Wärme- und Kälteversorgung muss dabei anteilig zu 15 % durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Für Wohngebäude mit PV-Anlagen lässt sich der Nachweis über die Anlagengröße führen.
Damit verbessert das GEG den Einsatz des lokal erzeugten Solarstroms auch in der Wärmeversorgung im Sinne einer effizienten Sektorenkopplung. Das unterstützt insbesondere den Einsatz von Wärmepumpen auch im Mehrfamilienhaus.
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Besonderheiten beim Versorgungs- und Messkonzept.
Strom aus einer PV-Anlage wird in der Regel zunächst zur Stromversorgung der Mieter:innen genutzt und in zweiter Linie für den Betrieb der Wärmepumpe. Schließlich ist die Wärmepumpe durch ihren Pufferspeicher, bei der Stromversorgung deutlich flexibler, als der Strombedarf von Mieter:innen, der direkt gestillt werden muss. Sprich die Wärmepumpe kann zeitversetzt zur Wärmeversorgung Strom aufnehmen. Mit ihrem Speicher steigert die Wärmepumpe im Mehrfamilienhaus somit den Direktverbrauch des erzeugten Solarstroms.
Oftmals werden mehrere Wärmepumpen im Mieterstrom installiert, wenn sie verschiedene Aufgaben übernehmen. So kann beispielsweise ein Teil, wenn es wärmer wird von der Wärme- auf die Kälteversorgung wechseln, während andere Wärmepumpen weiterhin die Warmwasserversorgung übernehmen.
Auch werden immer häufiger reversible Wärmepumpen in Mieterstromprojekten installiert. Gerade wenn eine Raumkühlung geplant ist, lohnt sich die Kombination von PV-Anlage und reversibler Wärmepumpe. Denn bei hohen Temperaturen und viel Sonnenschein steigt der Kühlbedarf, gleichzeitig wird eben viel Solarenergie erzeugt. Damit passen der Energiebedarf zum Kühlen und die Solarstromerzeugung ideal zusammen.
Steuerung der Wärmepumpe über SG-Ready.
Gesteuert wird die Wärmepumpe über die SG-Ready (smartgrid-ready) Schnittstelle zum Energie-Management-System, wo die benötigen Primärdaten der Energieerzeugungsanlagen über Smart Meter oder direkt von den Wechselrichtern der PV-Anlage zusammenlaufen.
So verhindert die Wärmepumpe zum Beispiel in den Sommermonaten, dass es zu einer Wirkleistungsbegrenzung der PV-Anlage kommt. Wenn also in den Mittagsstunden sehr viel Strom erzeugt wird, der jedoch nicht direkt genutzt werden kann, wird damit in der Wärmepumpe Warmwasser erzeugt. Die Wärmepumpe wird quasi zum Speicher.
Mieterstrom-Beispiele: Photovoltaik und Wärmepumpe.
Im Falle eines Neubaus in München realisiert Polarstern ein Mieterstromkonzept mit Sektorenkopplung durch PV-Anlage und zwei Wärmepumpen. Das hat den Vorteil, dass eine kleinere Wärmepumpe ganzjährig für die Warmwasserversorgung in Betrieb ist, während die größere Wärmepumpe nur bei kalten Tagen zum Heizen läuft. Dieser effiziente Betrieb reduziert den Strombedarf der Wärmepumpen. Zum Einsatz kommen beim genannten Mieterstromobjekt Sole-Wasser-Wärmepumpen. Sie arbeiten Sommer wie Winter gleichermaßen effizient, da ihre Wärmequelle, das Erdreich, konstante Temperaturen aufweist.
In einem weiteren Mehrfamilienhaus in Mittelfranken werden 27 Eigentumswohnungen ebenfalls mit Mieterstrom versorgt, bei dem Strom- und Wärmeversorgung über die Sektorenkopplung kombiniert sind. Neben einer Photovoltaikanlage kommen im Gebäude vier Wärmepumpen zum Einsatz.
Aber nicht nur in Mehrfamilienhäusern können Wärmepumpen im Mieterstrom integriert werden, auch ganze Quartiere nutzen die kombinierte Strom- und Wärmeversorgung. Im Quartier Future Living Berlin werden sieben Mehrfamilienhäuser mit Energie aus einer 193,38 Kilowatt-Peak PV-Anlage versorgt sowie mit Wärme aus insgesamt 24 Wärmepumpen, fünf davon sind reversibel. Das heißt, sie unterstützen auch die Kälteversorgung in den wärmeren Monaten.
Weitere Mieterstrom-Referenzen von PolarsternHerausforderungen und Chancen in der Umsetzung der Sektorenkopplung.
Wie bei den meisten kombinierten Anlagentechniken ist eine individuelle Abklärung mit dem Verteilnetzbetreiber erforderlich. Er muss stets das Messkonzept genehmigen. Es lohnt sich zu prüfen, ob die Wärmepumpe als unterbrechbare Verbrauchseinheit beliefert werden kann. In diesem Fall muss das etwa bei der Auslegung des Pufferspeichers berücksichtigt werden.
Drei finanzielle Vorteile von Photovoltaikanlage und Wärmepumpe.
Werden PV-Anlage und Wärmepumpe in einem Mieterstromprojekt genutzt, kann der Anlagenbetreiber den selbst erzeugten Strom zur Mieterstromversorgung nutzen und dafür die Mieterstromförderung beantragen.
Der restliche, lokal erzeugte Strom, der nicht in der zur Stromversorgung genutzt wird, kann entweder im Eigenverbrauch die Wärmepumpe versorgen, dafür entfällt anteilig die EEG-Umlage, oder er wird ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Dafür erhält der Anlagenbetreiber dann die EEG-Einspeisevergütung. Sprich: Es ergeben sich drei finanzielle Vorteile durch eine kombinierte Strom- und Wärmeversorgung mit Photovoltaik und Wärmepumpe im Mehrfamilienhaus.
Mit der Installation einer Wärmepumpe und ihrer Integration im Mieterstromkonzept haben Immobilienbesitzer:innen ferner perspektivisch zusätzliche Einsatzmöglichkeiten. So könnten Netzdienstleistungen im Sinne negativer Regelleistung möglich werden.
Sektorenkopplung Strom und Mobilität.
Solarstrom kann im Mieterstrom nicht nur in der Wärmeversorgung eingesetzt, sondern auch Ladestationen zugeführt werden. Die Sektorenkopplung PV und Ladeinfrastruktur gewinnt auch die Gesetze wie das GEIG – Gebäude-Elektromobilitäts-Infrastruktur-Gesetz – an Bedeutung.
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