Wie der Klimawandel den Alltag verteuert.
Der Klimawandel kommt nicht nur in Form von Naturkatastrophen daher, sondern macht sich auch bei den Lebenshaltungskosten bemerkbar. Wir zeigen, wie sich der Klimawandel unter anderem auf die Preise von Olivenöl, Schokolade und Saft niederschlägt – und wie durch die Krise auch neue Lösungen entstehen.
von Michael. - Lesezeit: 6 Minuten
Es ist noch gar nicht so lange her, da wurde der Klimawandel stets an einem Eisbären veranschaulicht, dessen Scholle allmählich wegschmilzt. Das war traurig für den Eisbären, aber auch beruhigend für die Menschen, denn das hieß, dass der Klimawandel immer noch so weit weg war wie die Arktis selbst. Spätestens in der letzten Dekade ist auch die Scholle, auf der die Menschen sitzen, ins Wanken geraten und wird in immer kürzeren Abständen von Sturzfluten, Hochwassern, Dürren und Stürme heimgesucht.
Der Klimawandel zeigt sich aber nicht nur in Naturkatastrophen, man begegnet ihm auch ganz unspektakulär im Alltag, zum Beispiel im Supermarkt. So sind die Preise vieler Produkte aufgrund von Dürren, Starkregen, Pflanzenkrankheiten und Schädlingen stark gestiegen. Doch auch andere Ausgaben bei den Lebenshaltungskosten wie etwa Versicherungen werden aufgrund der Klimakrise teurer.
Welche Produkte aufgrund des Klimawandels teurer werden.
Schokolade.
Bei der Schokolade zahlt man jetzt schon einen hohen Preis für den Klimawandel. Das liegt vor allem daran, dass der geografische Gürtel, in dem sich Kakao anbauen lässt, schmaler wird. Die größten Anbaugebiete liegen in Westafrika, etwa 60 % des weltweiten Kakaos liefern Ghana und Elfenbeinküste. Doch leiden die Anbaugebiete zunehmend unter Dürre sowie Starkregen. Zusätzlich breiten sich durch klimatische Veränderungen Pflanzenkrankheiten aus. Laut eines Berichts von SPIEGEL fehlen dem Weltmarkt 2024 rund 400.000 Tonnen Kakaobohnen. Das macht sich bei den Preisen bemerkbar.
Preise um 250 % gestiegen.
Lag der durchschnittliche Preis für eine Tonne Kakaobohnen laut statista im April 2023 noch bei etwas mehr als 2.800 US-Dollar, waren es ein Jahr später fast 9.900 US-Dollar. Das ist eine Steigerung von mehr als 250 %. Neben den naturbedingten Faktoren, die zur Preissteigerung führen, treiben eine wachsende Nachfrage sowie Spekulationen die Preise zusätzlich nach oben. Da die Hersteller großer Schokoladenmarken stets zu den niedrigsten Preisen einkaufen, wird sich die Teuerung gerade bei vielen Standardmarken zeigen. Kleinere Fabrikanten kaufen meist ohnehin schon höherpreisigen Kakao ein, sodass die Preissteigerungen hier vermutlich geringer ausfallen werden. Zwischen 2020 und 2023 sind die Preise für Schokoladentafeln laut Verbraucherpreisindex bereits um 19 % gestiegen. Branchenkenner:innen rechnen jedoch damit, dass sich der Preis für Tafelschokolade noch verdoppeln wird.
Olivenöl.
Noch sind die hohen Kakaopreise bei der Supermarkt-Schokolade noch nicht in seinem vollen Ausmaß angekommen. Bei Olivenöl sieht das bereits anders aus. Laut Statistischem Bundesamt war Olivenöl im April 2024 fast doppelt so teuer wie im Jahr zuvor. Der Preis ist ebenso eine Folge von Ernteverlusten durch Dürre und Hitze. Das warme Wetter im Winter ist zudem ein Nährboden für Pilze und andere Pflanzenkrankheiten. Die Olivenkrise betrifft den ganzen Mittelmeerraum, besonders dramatisch war die Lage jedoch in Spanien, wo die Ernteerträge in der Saison 2022/23 um die Hälfte einbrachen. Die Händlerpreise schossen dadurch in die Höhe. Bezahlte man vor wenigen Jahren noch 200 Euro für 100 Kilogramm Extra Vergine, verdoppelte sich der 100-Kilogramm-Preis laut ZDF im vergangenen Jahr von 400 auf 800 Euro.
Auch Orangen, Mangos, Trauben und Tomaten und sind teurer geworden.
Unter den Produkten, die zwischen 2023 und 2024 durch den Klimawandel knapper geworden sind, fallen auch andere Früchte wie Mangos, Trauben, Tomaten und Orangen. Seit 2020 ist etwa Orangensaft um mehr als 30 % teurer geworden. Die Verknappung ist oft das Resultat des gleichen Musters. Erst fehlt der Regen, und wenn er kommt, dann gleich so stark, dass die Pflanzen praktisch darin ersaufen. Durch Nässe und warme Winter breiten sich auch Pilze und Pflanzenkrankheiten leichter aus.
Auch wahr: Vieles ist billiger geworden.
Es soll nicht unter den Tisch fallen, dass viele Produkte im vergangenen Jahr auch günstiger geworden sind. So ist laut Statistischem Bundesamt zum Beispiel Gemüse im Allgemeinen (ohne Kartoffeln) in Deutschland um 12,3 % günstiger geworden. Die Preise von Sonnenblumen- und Rapsöl sanken sogar um 16,2 %, die von Vollmilch um 10,6 %.
Was ist teurer, was günstiger?
Teurer | Im Vergleich zum Vorjahr in % | Billiger | Im Vergleich zum Vorjahr in % |
---|---|---|---|
Olivenöl | +48,5 | Sonnenblumenöl, Rapsöl oder Ähnliches | -13,0 |
Butter | +12,9 | Vollmilch | -11,3 |
Kartoffeln | +12,7 | Margarine oder Pflanzenfett | -9,8 |
Säfte | +12,5 | Brennholz, Holzpellets oder andere feste Brennstoffe | -9,5 |
Schokoladen | +11,0 | Teilentrahmte Milch | -8,6 |
Strom | -7,4 |
Quelle: Statistisches Bundesamt, Stand Mai 2024.
Wie auch die Qualität leidet.
Der Klimawandel wirkt sich nicht nur negativ auf die Preise aus, sondern auch auf die Qualität. Werden Kakaobohnen teurer und knapper, verändern Hersteller manchmal die Rezeptur, indem sie den Kakaoanteil senken und den Zuckeranteil erhöhen. Auch Orangenmarmelade wird bereits aufgrund der schlechten Orangen-Ernten mit anderen Früchten und Zutaten angereichert. Die Früchte selbst büßen bei Wassermangel und Trockenheit an Qualität ein.
Hohes Risiko für Produzenten.
Teuerungen lösen oftmals einen Teufelskreis aus. Wo die Ware zu teuer wird, bleiben Produzenten darauf sitzen oder müssen sie unter Preis verkaufen. Gleichzeitig ruft die Verknappung Diebe auf den Plan, weil die Waren attraktiver für den Schwarzmarkt werden. Laut ZDF sollen etwa in Andalusien insgesamt rund 80.000 Liter aus Lagern und Mühlen geraubt worden sein. In Kakao produzierenden Ländern in Westafrika müssen die Ernten oft mit Waffen geschützt werden.
Teure Versicherungen.
Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) warnt, dass Gebäudeversicherungen langfristig aufgrund der Unberechenbarkeit des Klimawandels unbezahlbar werden könnten. Schon in den nächsten zehn Jahren könnten sich die Versicherungsprämien verdoppeln. Dann würde es schwieriger, sich finanziell gegen Überschwemmungen und andere Naturkatastrophen zu wappnen. Diskutiert wird derweil auch über Pflichtversicherungen für Hochwasserschäden, die durch Überflutungen und Starkregen zunehmen.
Lebenshaltungskosten: Liegst du über oder unter dem Durchschnitt?
Mit dem interaktiven Konsumvergleich der Statistischen Ämter findest du heraus, ob du für deine Lebenshaltungskosten mehr oder weniger ausgibst als der Durchschnitt. Die Lebenshaltungskosten sind alle Ausgaben eines durchschnittlichen Haushalts – sowohl der private Konsum als auch übrige Ausgaben. Zum privaten Konsum zählen Fixkosten wie die Miete, Energieverbrauch, Mobilität und Lebensmittel, genauso wie unregelmäßige Ausgaben wie Kleidung, Lokalbesuche oder ein neuer Fernseher. Zu den übrigen Ausgaben zählen zum Beispiel Unterhaltszahlungen, freiwillige Versicherungsbeiträge, Geldgeschenke oder zusätzliche Steuern wie etwa die Hundesteuer. In jüngerer Vergangenheit blieb vom Verdienten immer weniger übrig: 2022 stiegen die privaten Konsumausgaben der Deutschen laut Statistischem Bundesamt um 8,5 %, die Löhne und Gehälter aber nur um 2,6 %.
Konsumausgaben privater Haushalte nach Haushaltsgröße 2022.
1 Person | 2 Personen | 3 Personen | 4 Personen |
---|---|---|---|
1.833 €/ Monat | 3.239 €/ Monat | 3.760 €/ Monat | 4.322 €/ Monat |
Quelle: Statistisches Bundesamt, LRW 2022.
Konsumausgaben privater Haushalte nach dem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen 2022.
Monatliches Haushaltsnettoeinkommen | Private Konsumausgaben |
---|---|
< 1.250 | 1.066 € |
1.250 - 2.500 | 1.643 € |
2.500 - 3.500 | 2.368 € |
3.500 - 5.000 | 3.089 € |
> 5.000 | 4.634 € |
Quelle: Statistisches Bundesamt, LRW 2022.
Welche Anpassungsstrategien gibt es?
Essen, was da ist.
Vermutlich ist jede:r mit der Ansage aufgewachsen, dass gegessen wird, was auf den Tisch kommt. Im Supermarkt erwarten wir jedoch meistens etwas anderes. Nämlich, dass Gemüse- und Obstregale immer bis zum Anschlag gefüllt sind und jede Sorte in solchen Mengen verfügbar ist, dass man sich stets die besten, schönsten Stücke rauspicken kann. Man wird sich vermutlich darauf einstellen müssen, dass bestimmte Produkte und Sorten in manchen Jahren nur eingeschränkt verfügbar sind oder etwas krumm aussehen. Letzteres Problem ist aber eigentlich keines. "Hässliches" Gemüse schmeckt genauso gut wie schönes. Was die Verfügbarkeit angeht, sind wir in Deutschland eigentlich in Saisonalität geübt. Spargel gibt's zur Spargelzeit, Rhabarber zur Rhabarberzeit. Das Prinzip der Saisonalität lässt sich auch bei vielen anderen Sorten wieder anwenden.
Neue Anbaugebiete, neue Sorten.
In jedem Fall werden sich Anbaugebiete für bestimmte Früchte- und Gemüsesorten verlagern. So breiten sich etwa Weinangebaute immer weiter nach Norden aus. In Österreich und Deutschland werden außerdem bereits Oliven angebaut, wenn auch nur in geringen Erntemengen. Für die Produktion von Olivenöl reicht die Ausbeute längst nicht. Wassermelonen und Honigmelonen aus Deutschland gibt es dagegen schon zu kaufen. Auch mit Sesam, Schwarzkümmel oder Erdnüssen wird der Anbau erprobt.
Außerdem werden neue Obst- und Gemüse-Sorten gezüchtet und angebaut, die resistenter gegen Hitze und Trockenheit sind. Ein Beispiel ist die Apfelsorte HOT84A1, die in Neuseeland angepflanzt wird. Sie wächst auch noch bei hohen Temperaturen, und ihre Schale verfärbt sich auch bei intensiver Sonnenstrahlung kaum.
Neue Techniken.
Neben klimaresistenten Sorten können auch Mischkulturen dazu beitragen, Ernten vor klimatischen Veränderungen zu retten. Der Ertrag wird zwar kleiner als bei einer Monokultur, doch hat die Pflanze, die zwischen anderen Gewächsen kultiviert wird, bei Extremwetter eine bessere Chance, durchzukommen. Kakaoplantagen können zum Beispiel so umgebaut werden, dass andere Gewächse den Kakaopflanzen Schatten spenden oder diese vor Regen schützen.
Eine weitere Strategie ist das gezielte Pflanzen von Bäumen, Sträuchern und Hecken. Bäume und Sträucher schützen den Boden nach einem Starkregen vor Erosion. Hecken halten den Wind ab und schützen die Böden so vor schneller Verdunstung. Zusätzlich schützen Netze Obstbäume und Weinstöcke vor Hagel.
Humusgehalt steigern.
Mit steigenden Temperaturen sinkt auch der Humusgehalt im Boden. Der ist aber ausschlaggebend für die Bodenfruchtbarkeit und somit die Ernteerträge. Eine zentrale Aufgabe in der Klimakrise ist es, den Humusgehalt im Boden zu steigern. Dies gelingt etwa, in dem nach der Ernte Zwischenfrüchte oder Untersaaten gepflanzt werden. Auch eine geringe Bodenbearbeitung kann die Humusbildung steigern und den Wassergehalt im Boden fördern. Dazu ist auch der Einsatz von leichterem landwirtschaftlichem Gerät hilfreich. Allerdings breitet sich bei einer geringen Bodenbearbeitung Unkraut leichter aus.
Wetterdaten berücksichtigen.
Bei verschobenen Vegetationsphasen kann man sich natürlich nicht mehr so einfach auf die guten alten Bauernregeln verlassen. Inzwischen kommen in der Landwirtschaft Wetter APIs (Application Programming Interface) zum Einsatz, um Wetterdaten besser einschätzen und so zum Beispiel den Erntezeitpunkt besser bestimmen zu können.
Klima-Peanuts?
Ist es sinnvoll, über die Kosten von Schokolade und anderen Produkten zu sprechen, während durch den Klimawandel andernorts ganze Regionen überschwemmen oder vertrocknen, Bauernfamilien bankrott gehen, Nahrung und Wasser knapp werden und Hungersnöte entstehen?
Es ist insofern wichtig darüber zu sprechen, um das Bewusstsein zu schärfen, dass der Klimawandel eben nicht nur in den Nachrichten passiert, sondern schon da ist, wenn man kurz das Haus verlässt, um ein paar Besorgungen zu machen. Es ist eine Erinnerung, dass wir mehr tun müssen. Der Einfluss des Einzelnen auf das Klima ist zwar marginal, der Einfluss von vielen, sprich das Konsumklima kann jedoch gewaltig sein. Entscheiden sich Menschen bewusst für erneuerbare Energien und Ökoprodukte ist dies ein Zeichen an die Politik und die Wirtschaft, dass Klimaschutz gewollt ist und eine indirekte Aufforderung, dass mehr getan werden muss.
Wirklich bessere Energie von Polarstern.
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