Demokratie und Klimaschutz: Warum die Europawahl 2024 wirklich wichtig ist.
von Michael. - Lesezeit: 4 Minuten
Die größte Wahl aller Zeiten.
2024 ist das größte Wahljahr aller Zeiten. Rund 3,6 Milliarden Menschen in 60 Ländern sind dieses Jahr zur Wahl aufgerufen. Wichtige Wahlen wie in Indonesien oder Taiwan sind schon durch, einige dicke Brummer kommen noch. Zum Beispiel in Mexiko, den USA natürlich und Indien, wo rund 1 Milliarden Menschen wahlberechtigt sind. Österreich wählt ein neues Parlament, und in Deutschland stehen Landtagswahlen in den Bundesländern Thüringen, Sachsen und Brandenburg an. Und dann ist da noch die Europawahl. Vom 6. bis 9. Juni 2024 können rund 400 Millionen Wahlberechtigte in 27 EU-Ländern ein neues Europaparlament wählen. In Deutschland, Belgien, Griechenland, Malta und Österreich dürfen erstmal 16-Jährige ihre Stimme abgeben.
Dass ein Kontinent gemeinsam ein staatenübergreifendes Parlament wählt, ist einzigartig. Und trotzdem wird die Europawahl immer als zweitrangig oder nutzlos betrachtet. Viele Menschen haben das Gefühl, Brüssel regiere sowieso über ihre Köpfe hinweg. Dabei geht unter, dass wir alle dieses Europa sind. Dass wir es mitgestalten können, vor allem die deutschen Bürger:innen. Mit 96 von 720 Sitzen haben die Deutschen sogar meisten Plätze im EU-Parlament.
Beispiele wichtiger Wahlen 2024 – in Deutschland und weltweit.
Land | Termin | Art der Wahl |
---|---|---|
Europa | 6. bis 9. Juni 2024 | Europawahl |
Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt | 9. Juni 2024 | Kommunalwahlen |
Sachsen | 1. September 2024 | Landtagswahl |
Thüringen | 1. September 2024 | Landtagswahl |
Brandenburg | 22. September 2024 | Landtagswahl |
Südafrika | 29. Mai 2024 | Parlaments- und Provinzwahlen |
Mexiko | 2. Juni 2024 | Präsidentschaftwahl |
Österreich | 29. September 2024 | Nationalrat |
USA | 5. November 2024 | Präsidentschaftswahl |
Großbritannien | voraussichtlich noch 2024 | Parlamentswahl |
Die Demokratie braucht dich.
Diese Wahlen sind wichtig für uns alle. Denn wie eine Wippe ab einem bestimmten Gewicht nach unten sackt oder nach oben schnalzt, bläst der politische Wind ab einer Wählerstimme eben in die eine oder andere Richtung. Und plötzlich ist ein Gesetz da, dass einen benachteiligt oder eines weg, das einem mal das Leben erleichtert hat. Vor allem ist die Demokratie selbst in Gefahr, wenn sie nicht immer wieder durch Wahlen gestärkt wird.
Laut Demokratiereport des Forschungsinstituts V-Dem sank weltweit die Zahl der liberalen Demokratien zwischen 2009 und 2022 von 44 auf 32. Nur noch 13 % der Weltbevölkerung lebt in einer Demokratie (Fachbegriff Liberale Demokratie), das heißt kann frei wählen, sich frei äußern und so ziemlich alles von sich geben, ohne gleich politisch verfolgt zu werden.
Freie Wahlen sind ein Privileg.
Unsere Wahlen in Europa sind ein Privileg: Wenn dieses Jahr rund 4 Milliarden Menschen wählen dürfen, heißt das nicht, dass sie auch wählen dürfen, was sie wollen. In Diktaturen und Autokratien sind Wahlen lediglich dazu da, um die eigene Macht zu legitimieren, zur Schau zu stellen oder um die Opposition aus der Deckung zu locken und ihr auf die harte Tour zu zeigen, dass auch weiterhin jeder Widerstand zwecklos ist.
In einer liberalen Demokratie darf man nicht nur wählen, man kann gar nicht nicht wählen. Das heißt: Wer nicht zur Wahl geht, läuft Gefahr, für politische Mehrheiten zu sorgen, die er vielleicht doch nicht gewollt hat. Gerade für Demokratiefeinde ist eine geringe Wahlbeteiligung ein Geschenk. Denn die mobilisieren ihre Gefolgschaft, nutzen die Demokratie aus, um sie Stück für Stück auszuhöhlen. Ein gutes Beispiel ist Ungarn. 2009 galt das Land noch als liberale Demokratie, mit dem Erfolg der Fidesz-Partei 2010 kam der demokratische Abschwung. 2022 erkannte die EU Ungarn den Status als Demokratie ab.
Wahl-Hilfe: Wahl-O-Mat.
Den Überlick über die Wahlprogramme zu behalten und sich zu entscheiden, wen man wählt, ist gar nicht so einfach. Wie stehen die Parteien zu verschiedenen Themen und welche Positionen sind einem sellbst wichtig. Hier bringen dir Tools wie der bekannte Wahl-O-Mat auch zur Europawahl 2024 mehr Klarheit.
Wahl-Hilfe: Wahl-O-Mat.Wählen für den Klimaschutz.
Für unsere Sicherheit und unseren Wohlstand ist der Klimaschutz die größte Aufgabe. Und auch er kann aus Wahlen gestärkt oder verstümmelt rauskommen. Im größten Wahljahr aller Zeiten nehmen so auch viele Menschen Einfluss darauf, wie es klimapolitisch weitergeht. Denn der Wahlausgang einzelner Länder trifft klimapolitisch den Rest der Welt. Es macht einen Unterschied für uns, ob der nächste US-Präsident noch mal Biden oder wieder Trump heißt. Es ist eine Wahl zwischen der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen und dem Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen ist. Es betrifft alle, ob etwa Indonesien, viertbevölkerungsreichste Staat der Erde und einer der Hauptexporteure von Kohle, größere Steps Richtung Energiewende macht oder nicht. Es betrifft alle, ob der europäische Green Deal, dessen oberstes Ziel ist, Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen, konsequent umgesetzt wird oder nicht.
Klimawandel ist kein Alltag?
Berichten zufolge spielt der Klimawandel in den Wahlkämpfen oft trotzdem kaum eine Rolle. Dabei ist der Klimawandel längst Alltag. Er zeigt sich nicht nur in den großen Katastrophen, sondern zunehmend in so alltäglichen Dingen wie dem Lebensmitteleinkauf. So werden Schokolade, Olivenöl oder Wein teurer und knapper, weil Anbauflächen vertrocknen und Wasserreserven schwinden. Klimaschutz und Klimaanpassungsstrategien lassen sich kaum nationalstaatlich lösen – und deshalb ist ein gemeinsames Europa, das an einem Strang zieht, so wichtig. Deshalb sind diese Wahlen so wichtig.
Leugnen als Strategie.
Trotzdem gibt es genügend Parteien in Europa, die den Klimawandel als Ideologie abtun. Da wird die Hoffnung bei Wähler:innen geweckt, sie müssten nur die richtige Partei wählen, dann wird der Klimawandel schon einen Bogen ums eigene Dorf machen. Er wird es nicht tun. Je früher Anpassungsstrategien wie Hitze- und Wasserpläne vorliegen, je eher die Dekarbonisierung der Sektoren vorankommt, desto besser ist es für die Wirtschaft und unsere Sicherheit. Erst vor Kurzem hat die Europäische Umweltagentur bemängelt, dass Europa viel zu schlecht für die Gefahren der Klimakrise aufgestellt ist.
Gleichzeitig wird Klimaschutz bis heute immer noch zum Feind der Wirtschaft deklariert. Dabei ist es das Nichthandeln, das noch richtig teuer wird. Zum einen sind die Reparaturkosten kaum zu stemmen – allein die Dürrejahre von 2018 und 2019 sollen in Deutschland laut Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) Schadenskosten von rund 35 Milliarden Euro verursacht haben. Zum anderen macht Deutschland nun doch die Erfahrung, dass man seinen Wirtschaftsstandort gefährdet, wenn man die Verbreitung von Technologien wie etwa Elektroautos oder Wärmepumpen ständig sabotiert. Andere Staaten holen wirtschaftlich auf und irgendwann wird die alte Technologie auch nicht mehr gebraucht. In einem Staat wie Kalifornien, der regelmäßig von Dürren und Bränden heimgesucht wird, brauchen die Menschen vieles – ein Verbrenner-Auto aus Deutschland gehört mittelfristig sicherlich nicht dazu.
Mach den Klima-Wahlcheck.
Wenn du wissen möchtest, wie die Parteien zu Klimathemen stehen, kannst du vor deiner Europawahl den Klimawahl-Check machen. Das ist so eine Art Wahl-O-Mat für Klimaschutzfragen in den Bereichen Energie, Naturschutz und Artenvielfalt sowie Wirtschaft und Soziales.
Zum Klima-Wahlcheck10 Klimaschutz-Entscheidungen im Alltag.
Klimaentscheidungen finden natürlich nicht nur in Parlamenten und bei Wahlen statt, wir treffen sie auch im Alltag. Wenn du dich konsequent für klimabewusste Produkte entscheidest, darüber sprichst, und viele andere es auch tun, ist es ein Signal an die Wirtschaft und Politik, dass Klimaschutz gewollt ist. Und so veränderst du mit anderen eine ganze Menge, von der "Graswurzel" an.