7 Tipps, wie du als Klimaaktivist:in überzeugst.
Laut UN wünschen sich die Menschen weltweit von Unternehmen und Regierungen einen konsequenteren Klimaschutz – gleichzeitig schwindet die Unterstützung für die Klimabewegung. Wie kriegen wir beides wieder zusammen? Dazu haben wir uns ein paar Gedanken gemacht.
von Michael. - Lesezeit: 6 Minuten
Die Unterstützung für Klimabewegungen sinkt.
Es ist schon komisch: Während sich die Extremwetter auf eine Weise häufen, dass es selbst dem größten Klimawandelverharmloser seltsam vorkommen muss, werden nicht nur Klimaschutzgesetze aufgeweicht – auch die Unterstützung für die Klimabewegung schwindet. Deutlich sogar. Ein Indikator ist unter anderem eine Befragung durch die gemeinnützige Organisation More in Common. Stimmten 2021 noch 68 % der Befragten der Aussage zu, "Die Klima- und Umweltbewegung ... hat grundsätzlich meine Unterstützung", sank der Anteil der Zustimmenden nur zwei Jahre später auf 34 %. Auch unter den Milieus, die der Klimabewegung eigentlich eher nahestehen, sank die Zustimmung.
Warum sinkt die Zustimmung zur Klimabewegung?
Wenn man ehrlich ist, kommt das nicht sonderlich überraschend. Tomatensuppen auf Bilder oder Staus am Morgen wirken nicht gerade motivierend, wenn man gerade selbst irgendwo hinmuss oder ein Ausstellungsstück ansehen möchte. In der More-in-Common-Studie waren entsprechend 85 % der Befragten der Meinung, dass die Aktionen der Klima-Protestgruppen zu weit gingen. Dabei finden die meisten Menschen Klimaengagement richtig und wichtig.
Mehrheit will mehr Klimaschutz.
Laut einer Befragung durch die Vereinten Nationen von 2024 wünschen sich sogar 80 % der Befragten weltweit, dass Regierungen und Unternehmen einen konsequenteren Klimaschutz verfolgen. Ist auch nicht verwunderlich. Wer will schon, dass Ernten vertrocknen, das Wasser ausgeht oder die geliebte Berghütte den Hang abrutscht? Die Zustimmungswerte für den Klimaschutz sind gerade in Ländern mit hohen Emissionswerten hoch, zum Beispiel in den USA, in China und auch in Deutschland. Im Moment scheint hier also irgendwas nicht zusammenzugehen: Einerseits der Wunsch nach mehr Klimaschutz, andererseits eine schwindende Unterstützung für die Klimabewegung. Wie kriegen wir beides wieder besser zusammen?
Wie bekommt die Klimabewegung wieder mehr Rückhalt?
1. Schließe Menschen mit ein, nicht aus.
In der More in Common-Studie wird deutlich, dass sich viele Menschen von der Klimabewegung ausgeschlossen fühlen, und vielleicht ist das das Problem. 2021 waren noch 63 % der Befragten der Meinung: "Die Klima- und Umweltbewegung in Deutschland ist offen dafür, dass Leute wie ich bei ihr mitmachen." 2023 teilten nur noch 29 % diese Meinung. Man fühlt sich unerwünscht.
Klebeaktionen oder das Beschmieren von Bildern (auch wenn es nur das Glas trifft) schaffen offenbar Trennlinien zwischen Menschen. Statt Unternehmen oder Regierungen werden Mitmenschen Ziel des Protests. Es suggeriert, dass diese Schuld am Klimawandel seien – etwa weil sie gerade Auto fahren oder so etwas "Belangloses" unternehmen, wie ein Museum besuchen. So werden Menschen pauschal zu Gegner:innen gemacht, die vielleicht selbst längst vom Klimaschutz überzeugt sind und ihre eigenen Maßnahmen treffen. Was weiß man schon über Max und Monika Mustermann? Vielleicht haben sie sich heute ein Auto ausleihen müssen. Vielleicht haben sie sich aus Überzeugung längst ein E-Auto zugelegt. Vielleicht nutzen sie Ökostrom oder stellen ihren eigenen Strom mit einer Photovoltaikanlage her. Wer das Klima schützt, fühlt sich in solchen konfrontativen Momenten von der Bewegung ausgegrenzt, und wer den Klimawandel verharmlost oder gar leugnet wird sich in seiner Meinung oder seinem Weltbild bestätigt fühlen, dass nicht der Klimawandel gefährlich ist, sondern die Menschen, die ihn bekämpfen. More in Common schreibt dazu: Es geht dann nicht mehr darum, wie wir erfolgreich das Klima schützen können; sondern darum, auf „welcher Seite“ man steht. Adressaten des Klimaprotests müssen schon die Hauptverursacher, also Staaten und Unternehmen bleiben – nicht random ausgewählte Personen, denen man pauschal unterstellt, die Schuld am Klimawandel zu tragen. Menschen sollen beim Klimaschutz eingebunden sein. Immer.
2. Sorge für Sicherheit.
Trennlinien werden auch bei anderen Aktionen geschaffen. Unvergessen ist der Homer-Simpson-mäßige Auftritt eines Greenpeace-Aktivisten, der zur EM 2021 per Gleitschirm in die Münchner Fußballarena flog, um einen übergroßen Ball mit der Aufschrift Kick Out Oil (VW war der Sponsor) aufs Spielfeld zu werfen. Damals verhedderte sich der Flieger, eierte wild durch die Luft und verletzte beim Sturzflug zwei Zuschauer. Das eigentliche Anliegen gerät dadurch (zu Recht) ins Hintertreffen, denn die Unversehrtheit von Menschen sollte immer an oberster Stelle stehen. Wenn ich sie mit der Aktion nicht garantieren kann, muss ich mir etwas anderes überlegen.
3. Finde den richtigen Moment.
Damit Klima-Aktivismus erfolgreich sein kann, muss der Moment passen. Auch hierfür ist der Greenpeace-Auftritt ein gutes Beispiel –also dafür, wie man's nicht macht. Der denkbar schlechteste Moment, um Menschen für ein Anliegen zu gewinnen? Wenn sie Fußball schauen. In so einem Moment kannst du Leuten nicht einfach vor die Linse fliegen und hoffen, dass dein Thema gerade wichtiger ist. Überraschung erzeugt zwar Aufmerksamkeit, nur ist es in diesem Fall die Aufmerksamkeit für die Organisation, nicht für das Problem. Eine Überraschungsaktion mag zwar eine Nachwirkung haben und zum Denken anregen, wird bei einer missglückten Aktion aber immer negativ konnotiert bleiben.
4. Lass Menschen stolz auf sich sein.
Vielleicht lassen sich Menschen kurzfristig durch Schuldgefühle zu einer Verhaltensänderung bewegen, nur wird sie nicht von langer Dauer sein. Überzeugung ist nachhaltiger als ein schlechtes Gewissen. Wer aus Überzeugung sein Verhalten ändert, ist stolz auf sich und sieht das Erreichte vielleicht als Motivation für den nächsten Schritt. Die Schuldnummer bewirkt oftmals das Gegenteil. Menschen picken sich dann zum Beispiel nur die schlechten Aspekte von E-Autos heraus, nur die Probleme der Energiewende, nur die Nachteile eines angepassten Konsumverhaltens, um sich nicht mit ihrer eigenen Verantwortung auseinandersetzen zu müssen. Oft hilft es, hervorzuheben, dass man die Zukunft eben mitgestalten kann – und wie großartig das eigentlich ist.
Wie Greenwashing Klimaziele in Gefahr bringt.5. Betone den Gewinn des Klimaschutzes.
Manche Menschen haben Angst vorm Klimaschutz. Angst, dass sie bald nichts mehr dürfen. Beim Vorschlag einer Lastenradförderung hören sie: Autos verboten, Lastenrad Pflicht! Es ist klar, dass uns der Klimawandel so oder so einschränken wird, egal ob wir das wollen oder nicht. Es ist ihm wurscht, welche Partei wir wählen oder ob Menschen ihn leugnen. Wenn gerade das Wasser knapp ist, muss man sich entscheiden, ob man lieber Trinkwasser möchte oder einen gefüllten Swimming Pool.
Trotzdem gibt es viele Bereiche, die weniger mit Verzicht und Verlust einhergehen, sondern eher mit einer Umstellung. Und da kann man gut anknüpfen. Die meisten Menschen überzeugt es nicht, was eine Maßnahme dem Klima bringt – sondern was es ihnen bringt. Und hier gewinnt meistens der Klimaschutz. Zum Beispiel weil energieeffiziente Geräte und Gebäudeisolierungen die Energiekosten senken – oder weil selbst erzeugte Solarenergie oder andere erneuerbare Energiequellen langfristig die Energiekosten senken.
6. Triff den Ton.
Wie gut ist deine Laune, wenn dir jemand sagt: Lach doch mal!? Vermutlich im Keller. Auch bei Klima- und Umweltschutzthemen sinkt meist die Anteilnahme, je lauter jemand sein Anliegen formuliert. Man kennt es von seinen Social-Media-Feeds. Unterschreibe jetzt und rette diesem Eisbären das Leben!!!! Es ist wie bei einem Krankenwagen. Er rettet Leben, du hältst dir aber trotzdem die Ohren zu, wenn er vorbeifährt. Anschreien wirkt fast immer unseriös – und wenn das Thema noch so wichtig ist. Wobei: Man kann's ja mal ausprobieren.
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7. Handle auf vielerlei Weise.
Streike fürs Klima.
Der nächste globale Klimastreik ist am 20. September 2024. Auf der Website von Fridays for Future findest du viele Materialien für deinen Protest: Plakate, mit Unterschriftenformularen, Bierdeckel und vieles mehr. Dort bekommst du auch alle Infos, wie du dich in lokale Gruppen einbringst und Veranstaltungen mitorganisierst.
Schau dich nach nachhaltigen Jobs um.
Es gibt noch mehr Möglichkeiten, als auf die Straße zu gehen. So kann man zum Beispiel seinen Aktivismus einfach in die Arbeitszeit verlegen. Mit einem Job, der auf den Klimaschutz einzahlt. Natürlich muss man in der glücklichen Situation sein, den Job wechseln zu können. Doch ist es einfacher geworden, sich umzuorientieren, weil Nachhaltigkeit in vielen Branchen gefragter ist. Nachhaltige Jobs gibt es im Finanzwesen, im Bildungssystem oder in der IT-Branche; in der Betriebswirtschaft, in der Landwirtschaft oder im Marketing; im öffentlichen Dienst, im Recht oder im Transportwesen. Wie du nachhaltige Jobs findest, erfährst im nächsten Link.
Nachhaltige Jobs findenNutze Online-Petitionen.
Online-Petitionen sind eine einfache Möglichkeit, seine Unterstützung für ein Anliegen zum Ausdruck zu bringen. Klar, die Fülle an Petitionen, die täglich in die Timeline schwappt, lässt einen abstumpfen. Man kann sich auch nicht in alles reinlesen, was einem entfernte Verwandte und Facebook-Bekannte so zukommen lassen. Allein bei change.org gibt es pro Monat rund 1.000 Online-Petitionen. Und dann haftet den Online-Petitionen auch noch der Ruf an, nicht wirklich etwas zu bewirken. Aber das stimmt so nicht. Eine politische Entscheidung kann man vielleicht noch nicht herbeiklicken. Aber als Teil einer Kampagne können Online-Petitionen durchaus etwas bewirken. Sie bringen ein Thema ins Bewusstsein der Menschen, dann auf die Agenda der Medien und am Ende vielleicht auf den Tisch der Politik. Als Teile des Hambacher Forsts für den Kohletagebau abgeholzt werden sollte, hat die Petition zum Erhalt des Forstes dem Protest viel Rückenwind gegeben. Vor allem, weil sich viele glaubwürdige Organisationen hinter der Petition zusammengeschlossen haben. Petitionen sind auch sinnvoll, um überhaupt auf einen Missstand aufmerksam zu machen.
Die richtige Plattform.
Private Petitionsplattformen wie change.org, Avaaz oder openPetition sind sinnvoll, wenn du auf Problem aufmerksam machen möchtest oder Verantwortliche direkte herausfordern möchtest. Wenn es dir eher darum geht, ein Gesetz oder eine politische Entscheidung anzugreifen, kannst du direkt das Petitionsportal des Bundestags nutzen. Die Mühlen mahlen langsam, aber sie mahlen.
Triff im Alltag Entscheidungen für den Klimaschutz.
Konsum ist kein Aktivismus. Trotzdem kann Aktivismus nur fruchten, wenn man seine eigenen Forderungen im Alltag mit Leben füllt. Beim Essen, Kleiden, Fahren, Wohnen, Arbeiten – in jedem Bereich gibt es Möglichkeiten, CO2 zu senken und eine bessere Wirtschaft zu unterstützen. Der schnellste und einfachste Weg etwas zu verändern, ist der Wechsel zu Ökoenergie. Im Idealfall kann er deinen CO2-Fußabdruck schon um bis zu einem Viertel senken. Wenn du weitere Anlaufstellen suchst: Auf unserer Social-Business-Landkarte findest du gemeinwohlorientierte Unternehmen. So wie Polarstern.