So geht wirklich nachhaltiges Bauen und Wohnen: Interview mit dem Ökohaus-Pionier Baufritz
von Michael. - Lesezeit: 4 Minuten
Läuft alles nach dem Klimaschutzplan der Regierung soll der Gebäudebestand bis 2050 klimaneutral sein, und bis nächstes Jahr schon 20 % effizienter als 2008. Klingt gut. Eine Auswertung von Daten zu Energieverbrauch und Modernisierung durch das Umweltbundesamt klingt nicht mehr so gut: Die energieeffiziente Entwicklung in den Gebäuden ist ins Stocken geraten, vor allem in Einfamilienhäusern. Der ökologische Hausbau wird daher zu einem zentralen Mittel für den Klimaschutz. Sogar Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat vor Kurzem Holzhäuser ins Spiel gebracht. Sie sollen wesentlich energiesparender sein als herkömmliche Häuser. Wie viel, verraten Simon Hanslmeier und Michael Sailer im Interview. Außerdem: Wie man beim Hausbau Ressourcen schont, sinnvoll erneuerbare Energien einsetzt, und was eine gute Energiebilanz für ein Haus ist.
Wie viel Energie benötigt die Produktion eines Hauses von Baufritz?
MICHAEL SAILER Um einen Quadratmeter Wohnnutzfläche zu produzieren, benötigen wir ca. 65 kWh für Strom und Wärme zusammen, wobei wir den Wert in letzter Zeit sogar noch um ca. 5 % senken konnten – wir sind immer auf der Suche nach zusätzlichen Optimierungspotenzial. Unabhängig davon wird bei uns jedes Haus 100 % klimaneutral produziert.
Baufritz-Häuser werden aus Holz gefertigt. Ist das energieeffizienter als ein klassisches Steinhaus?
SIMON HANSLMEIER Für unser Konstruktionssystem nutzen wir Hobelspäne zur Bio-Dämmung. Das System ist ressourcenschonender und emissionsärmer. Das ergab eine vergleichende Lebenszyklusanalyse der Eidgenössischen Technischen Hochschule ETH Zürich in Zusammenarbeit mit der Chalmers University of Technology Göteborg. In den sogenannten aggregierenden Wirkungsindikatoren „CO2 äquivalente Emissionen“ und „Ökologische Knappheit“ hat das Baufritz-System 10 % bis 20 % bessere Werte als alternative Ausführungen in Beton- und Mauerwerksbauweisen, so die Studie.
Ist Nachhaltigkeit im Hausbau Trend?
SIMON HANSLMEIER Wir sehen einen klaren Trend zu mehr Ressourcenschutz. Die Erstellung von Ökobilanzen für das Gesamtprojekt ist gerade bei neuen Nachhaltigkeits-Zertifizierungssystemen für Gebäude wie BNK, LENOZ oder Minergie-ECO elementarer Bestandteil.
Wie hält Baufritz in der Produktion und beim Bau den Energie- und Ressourcenbedarf klein?
MICHAEL SAILER Ressourcenschonendes Bauen ist in unserer Unternehmens-Philosophie fest verankert. Seit April 2018 sind nicht nur einzelne, von uns eingesetzte Baustoffe nach „natureplus“ zertifiziert, sondern erstmalig das ganze System, also Wand, Dach und Decke. Neben strengen Anforderungen an das Emissionsverhalten müssen bei „natureplus“ umfangreiche Nachweise zum Energieaufwand für die Herstellung, Nutzung und Entsorgung der Produkte nachgewiesen werden.
Was sind konkrete Maßnahmen?
MICHAEL SAILER Wir haben helle, lichtdurchflutete Produktionshallen, um den Einsatz von künstlichem Licht so gering wie möglich zu halten und nutzen in fast allen Bereichen eine gesunde und energiesparende LED-Lichttechnik. Die größten Stromverbraucher und Arbeitsbereiche sind mit Stromzählern ausgestattet, die alle über eine Software zentral erfasst werden. So können wir unseren Energiebedarf ständig überwachen, Erkenntnisse daraus ziehen und mit entsprechenden Maßnahmen gegensteuern. Mit einem Messgerät können wir außerdem Leckagen in unserem Druckluftsystem aufspüren und diese wieder instand setzen, sodass auch in diesem Bereich die Verluste möglichst gering bleiben. Unser Altholz führen wir nicht der thermischen Verwertung zu, sondern kommt zur Weiterverarbeitung in die Spanplattenindustrie. Altholz ist ein wichtiger Rohstoff, und für uns ist es relevant, dass er lange im Lebenszyklus erhalten bleibt. Über weitere Maßnahmen berichten wir jährlich in unserem Umweltbericht.
Welche Rolle spielen erneuerbare Energien bei Baufritz?
MICHAEL SAILER Eine große! Das ist bei uns kein Trendthema, sondern fest in der Firmenpolitik verwurzelt. Wir nutzen seit über 10 Jahren nur Ökostrom, der zu 100 % aus erneuerbaren Energien erzeugt wird. Und zwar nicht nur aus dem Netz; wir stellen ihn mit Photovoltaikanlagen auch selbst her – 570 kW Photovoltaikleistung sind dafür auf unseren Firmendächern installiert. Wir tragen also ganz aktiv zum Gelingen der Energiewende bei. Seit über 20 Jahren sind wir nach EMAS zertifiziert* und veröffentlichen dazu jedes Jahr eine Umwelterklärung, in der wir alle Stakeholder über unsere nachhaltigen Aktivitäten informieren.
Was hat Baufritz zu einer eigenen Stromversorgung motiviert?
MICHAEL SAILER Heute ist bekannt, dass nicht der Mangel an Kohle, Gas und Öl unser größtes Problem ist, sondern dass wir diese endlichen Ressourcen in viel zu hohem Maße verbrauchen. Uns ist es wichtig, alternative und erneuerbaren Energien auszubauen und – ganz entscheidend – unseren Energiebedarf zu reduzieren. Bei Baufritz können wir als Unternehmen durch energieeffiziente Produktion und nachhaltige Produkte einen wichtigen Beitrag zum Erfolg der Energiewende leisten.
Was sind typische Energieverbrauchswerte eines Baufritz-Hauses?
SIMON HANSLMEIER Unsere Häuser benötigen je nach Fassade und Vorhandensein einer Lüftung im Jahr ca. 30 bis 50 Kilowattstunden Heizwärme pro Quadratmeter (kWh/m²a) – unabhängig davon, welche Heizung eingebaut ist. Im Mittel sind das etwa 40 kWh/m²a, was bei einem Haus mit 150 m² Wohnfläche ca. 6.000 kWh Energiebedarf entspricht. Mit Warmwasser sind es rund 9.000 kWh pro Jahr und rechnet man noch Wärmeverluste in der Wärmeverteilung und Anlagentechnik dazu, kommt man ungefähr auf insgesamt 11.000 kWh pro Jahr. Das macht zum Beispiel bei einer Pelletheizung jährliche Heizkosten von ca. 600 Euro. Diese gute Energieeffizienz kommt zum einen von der guten Hülle und zum anderen von guten Details wie einem standardmäßig überdämmten Fensterstock und einer behaglichen Oberfläche.
Welchen Einfluss hat der Einsatz von Holz als Hauptrohstoff aufs Wohnen?
SIMON HANSLMEIER Holz bringt ein besonderes Wohnklima mit sich. Deshalb hat sich Baufritz dafür entschieden, mit Hobelspänen zu dämmen und somit einen möglichst hohen Holzanteil in seiner natürlichen Form im Haus zu haben. Durch unsere Holzrahmenbauweise und die Verwendung des Abfallproduktes Späne als Dämmstoff setzen wir den Rohstoff Holz so effizient und schonend ein wie möglich.
Auf das energieeffiziente Wohnen hat einerseits die Gebäudehülle Einfluss, andererseits die eingesetzte Energietechnik. Wie sind die Anteile verteilt?
SIMON HANSLMEIER Das hängt ganz vom Nutzer ab. Und vom Energiestandard des Hauses, also ob es sich um ein Passivhaus, ein Sonnenhaus oder Plusenergiehaus handelt. Wir gehen hier auf die Wünsche der Kunden ein und beraten sie entsprechend unserer Erfahrungen.
Welche Rolle spielt in Ihren Augen die eigene Stromerzeugung für das energiebewusste Wohnen?
SIMON HANSLMEIER Für mich ein sehr interessantes Thema. Inzwischen kann man ja zu erschwinglichen Preisen eine kleine Photovoltaikanlage für den Grund-Strombedarf auf Gebäuden installieren. Die PV-Stromerzeugung stillt den Bedarf des klassischen Haushaltsstroms sehr gut, auch den eines Elektrofahrzeugs. Zum Heizen reicht die PV-Stromerzeugung in den Spitzenlastmonaten im Winter allerdings nicht ganz aus. Es fehlt eine ausreichend große Speichermöglichkeit. In unserem Musterhaus „Alpenchic“ in Poing bei München zeigen wir eine mit Gas betriebene Brennstoffzelle für diesen Zweck. Und im neuen Musterhaus „Heimat 4.0" bei uns in Erkheim haben wir ein einzigartiges Gesamtkonzept, das mit regionalen und regenerativen Mitteln unabhängig macht: Zusammen mit ÖkoFEN haben wir ein Energiekonzept entwickelt, dass mit einem Stirlingmotor aufgesetzt auf einen Pelletbrennwertkessel und einer PV-Anlage bei optimaler Nutzung bis zu 100 % Stromautarkie ermöglicht!
Und wie bedeutsam sind Smart-Home-Anwendungen mit Blick auf das Energiesparen?
SIMON HANSLMEIER Hier fehlen mir, um ehrlich zu sein, die fundierten Erfahrungswerte. Von einem Musterhaus und einem Monitoring wissen wir, dass die Steuerung selbst einiges an Strom verbraucht, was mich etwas hemmt, solche Systeme völlig und ohne kritischen Blick zu empfehlen. Aber in Kombination mit Verbrauchern wie Waschmaschine, Spülmaschine und sonstigen aktiven Geräten im Haus, die automatisch und unter Berücksichtigung der Wettervorhersage gesteuerten werden, ist das Einsparpotenzial sicherlich interessant.
Vielen Dank für das Gespräch!
Hier über Baufritz informierenKurzanleitung für energiesparendes Wohnen
Wie viel Strom und Wärme du letztlich verbrauchst, hängt natürlich auch von deiner Nutzung ab, nicht nur von der Bauweise deines Hauses. Mit ein paar einfachen Tricks, lassen sich Strom- und Gaskosten ohne Komfortverlust drosseln.
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Hier gehts zu den besten Stromspartipps* Das ist die EMAS-Zertifizierung
EMAS steht für Eco Management and Audit Scheme und ist eine von der EU entwickelte Zertifizierung für Organisationen und Unternehmen aller Art, die ihre Umweltleistung verbessern wollen. Unternehmen legen dazu einmal im Jahr ihre Auswirkungen auf die Umwelt offen und müssen nachweisen, welche Maßnahmen ergriffen werden, um diese kontinuierlich zu minimieren. Nach positiver Überprüfung durch einen externen, staatlichen Gutachter, erhalten Unternehmen das EMAS-Zertifikat. Die Ergebnisse werden jedes Jahr in einer Umwelterklärung veröffentlicht.