Gesunde Ernährung: Gut für dich, gut für's Klima.
Ernährungstipps gibt's wie Sand am Meer. Doch warum ist es so schwer, sich dauerhaft gesund zu ernähren? Wir zeigen, wie eine Ernährungsumstellung besser gelingt, warum sie dringend nötig ist und wie du und das Klima von einer gesunden Ernährung profitieren.
von Michael. - Lesezeit: 7 Minuten
Was hat die Ernährung mit dem Klimawandel zu tun?
Natürlich sollte jede:r essen dürfen, was er:sie will. Nur knirscht unter einer ungesunden Ernährung nicht nur die eigene Waage, sondern die ganze Welt. Das Ernährungssystem in seiner jetzigen Form gehört zu den Ursachen und Treibern des Klimawandels. Die Sektoren Lebensmittelproduktion und Landnutzung sind laut Weltklimarat (IPCC) für 21 bis 37 % der weltweiten Treibhausgase verantwortlich. Und laut einer Studie im Fachmagazin Nature Climate Change könnte die Lebensmittelproduktion bis 2100 für ein Grad Erderwärmung verantwortlich sein. Die Hauptursache ist die Produktion von tierischen Produkten, insbesondere von Fleisch. Gelegentlicher Genuss ist kein Problem, der ständige schon. Allein die Deutschen essen laut Bundesumweltministerium rund 60 Kilogramm Fleisch im Jahr. 15 Kilogramm wären laut EAT Lancet Commission ökologisch und gesundheitlich verträglich.
Enormer Flächenfraß.
Außerdem verschlingt die Produktion von tierischen Produkten Unmengen an Flächen. Etwa 80 % der weltweiten Weide- und Ackerflächen werden laut Greenpeace für die Tierhaltung und den Anbau von Futtermitteln wie etwa Soja genutzt. Für die Produktion eines Kilos Schweinefleisch müssen fünf Kilo Futter produziert werden. Dabei machen tierische Lebensmittel nicht mal 20 % der weltweiten Nahrungsversorgung aus.
Artensterben und Wasserverbrauch.
Wo die Natur den Weideflächen für Tiere und den Anbauflächen für Futtermittel weichen muss, wird der Lebensraum von vielen Tieren und Pflanzen vernichtet. Laut Vereinter Nationen (UN) hat das derzeitige Ernährungssystem rund 70 % der biologischen Vielfalt gekillt und ist für rund 80 % der Entwaldung verantwortlich. Auch 70 % des Wasserverbrauchs gehen auf das Konto des Ernährungssystems.
Wer beim Schutz der biologischen Vielfalt an irgendeine Benefizveranstaltung für seltene Wühlmäuse denkt, hat den Ernst der Lage kaum begriffen. Schwinden die Tiere, steht unsere eigene Lebensmittelversorgung auf dem Spiel. Allein ohne die Bestäubungsleistung von Insekten würde etwa ein Drittel der Nutzpflanzen verschwinden. Laut Vereinter Nationen sind weltweit rund 1 Million von 8 Millionen Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht.
Schlecht für die Gesundheit.
Das Ernährungssystem bringt die Welt und Konfektionsgrößen an ihre Grenzen: Laut Deutscher Adipositas-Gesellschaft haben etwa ein Viertel der Erwachsenen und jedes siebte Kind in Deutschland starkes Übergewicht. Schlechte Ernährung löst Diabetes, Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen aus – und kann zum vorzeitigen Tod führen.
Es gibt also viele Gründe für eine Ernährungsumstellung. Aber warum fällt uns das so schwer?
Warum ist es so schwer, sich gesünder zu ernähren?
Die Versuchung ist überall.
Wer seine Ernährung ändern will, braucht wirklich einen eisernen Willen, um unversehrt an Konditoreien, Eisdielen, Dönerbuden und Burgerläden vorbeizukommen. Und wenn du's erst mal durch den Supermarkt geschafft hast, kommt das Warten an der Kasse, wo die kleinen Schokoriegel für deinen Rückfall bereitstehen.
Versteckter Zucker.
Wer keinen Zucker essen will – isst ihn, ohne es zu ahnen. Der Zucker steckt in Produkten, in denen wir ihn nicht vermuten, zum Beispiel in Fertigprodukten. Auch Werbungen und Verpackungen führen in die Irre, indem sie Zuckerbomben als besonders nährstoff- und vitaminreich anpreisen.
Sozialer Druck.
Wenn Menschen von der guten alten Zeit schwärmen, als einem die Klima- und Tierschützer:innen noch nicht den Appetit verdarben, vergessen sie, dass in dieser alten Zeit Fleisch die absolute Ausnahme war. Es war ein Luxus. Erst als es die Massentierhaltung ermöglichte, musste dieser Luxus jeden Tag her und wenn nur als undefinierbarer Klumpen in der Tütensuppe. Heute bewegt man sich in einem System, in dem es gar nicht so einfach ist, auf Fleisch zu verzichten. Zum Beispiel in Kantinen, innerhalb von Familien oder Freundeskreisen, wenn eine pflanzliche Ernährung belächelt oder runtergeredet wird. Isst man auffallend mehr Gemüse, kommt garantiert die quälende Frage, ob man abnehmen will oder so was, oder noch schlimmer: unter die Veganer gegangen ist. Oder noch, noch schlimmer: Unter die Veganer*innen! Und am nächsten Tag macht man wieder mit bei der Currywurst in der Kantine. Hauptsache Ruhe. Aber es ist schade um die Veränderung.
Kulturkämpfe.
Es liegt auch an konstruierten Kulturkämpfen, die noch überflüssiger sind als Rosinen im Käsekuchen. Menschen, egal ob sie sich aus gesundheitlichen oder aus Gründen des Umweltschutzes, für eine vorwiegend pflanzliche Ernährung entscheiden, werden Ideologien unterstellt. Welche Ideologie dies sein soll, bleibt unklar. Dass alleine in Deutschland im Jahr 2023 laut Statistischem Bundesamt rund 47,9 Millionen Schweine, Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde sowie 702,2 Millionen Hühner, Puten und Enten geschlachtet wurden, sind Fakten. Und dass diese Menge neben dem gigantischen Verlust von Leben natürlich auch ökologische Konsequenzen hat, ebenso. Es ist andersrum: Die Leugnung und Verharmlosung des Klimawandels ist die Ideologie.
Was du persönlich von einer Ernährungsumstellung hast.
Gesunde Ernährung spart Geld – wenn du's richtig machst.
Bis heute gilt eine pflanzliche Ernährung als teuer und elitär. Natürlich ist eine Kartoffel nicht teurer als ein Stück Fleisch; aber künstlich überteuerte Produkte wie etwa Mandelmilch oder irgendwelche Superfoods haben dazu geführt, dass eine pflanzliche Ernährung als besonders teuer wahrgenommen wird. Auch Fleischersatz hat zu dieser Wahrnehmung geführt – weil es teils bis heute teurer ist als Fleisch. Die Fleischindustrie arbeitet effizienter und damit günstiger und profitiert von einem günstigeren Mehrwertsteuersatz von nur 7 %. Die Mehrwertsteuer für Fleischersatzprodukte kostet dagegen 19 %. Noch bis vor Kurzem waren die Preisunterschiede enorm. In einer Analyse des WWF von 2021 kosteten Soja- und Tofuprodukte im Schnitt 10,80 Euro pro Kilogramm, das Kilo Grill-Geflügel kostete im Schnitt dagegen nur 6,49 Euro.
Vegan kochen ist rund ein Drittel günstiger.
Eine pflanzliche Ernährung besteht zum Glück nicht nur aus teuren Fleisch- und Milchersatzprodukten, sondern aus allem, was man normalerweise sowieso isst. Kartoffeln zum Beispiel. Und natürlich kocht man mit normalen pflanzlichen Zutaten günstiger, wie auch eine Studie an der Oxford-University bestätigen konnte. Wer zu Hause kocht, kann laut der Studie die Ausgaben für Lebensmittel mit einer veganen Ernährung um bis zu 34 % und mit einer vegetarischen Ernährung um bis zu 31 % senken. Die Studie zeigt, dass auch eine flexitarische Ernährung, bei der ab und zu Fleisch gegessen wird, günstiger ist. Haushalte geben bei einer flexitarischen Ernährung 14 % weniger Geld für Lebensmittel aus. In der Studie wurden die Preise von sieben nachhaltigen Ernährungsweisen mit der üblichen Ernährungsform von 150 Ländern verglichen – die Daten dazu kamen vom International Comparison Program der Weltbank.
Eine gesunde Ernährung verlängert das Leben.
Laut WHO könnten Menschen länger leben, wenn sie nicht so viel Fleisch äßen. Natürlich ist Fleisch was Gutes. Aber nicht in der Menge, wie es die Deutschen mögen. Würstel etwa sind sehr salz- und fetthaltig. Früher galt eine vegane Ernährung als Gift, inzwischen stuft selbst die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) eine vegane Ernährung als gesundheitsfördernd ein, sofern der Bedarf an Vitamin B12 und Jod gedeckt wird. Eine umfassende Ernährungsberatung empfiehlt die DGE bei einer Umstellung für Kinder, Jugendliche, Schwangere, stillende Mütter und Senior:innen. Vor acht Jahren positionierte sich die DGE noch gegen eine ausschließlich vegane Ernährung.
Eine gesunde Ernährung schützt Tiere.
Laut Statistischem Bundesamt wurden im Jahr 2023 in den Schlachtbetrieben in Deutschland rund 47,9 Millionen Schweine, Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde sowie 702,2 Millionen Hühner, Puten und Enten geschlachtet. Gleichzeitig werden in Deutschland rund 10,5 Millionen Hunde und etwa 15,7 Millionen Katzen als Haustiere gehalten, gehätschelt und getätschelt. Und trotzdem werden Tierschützer:innen, die das Massenschlachten verhindern wollen, ideologische Motive unterstellt. Das macht keinen Sinn. Angenommen, du hörst heute auf, Fleisch zu essen, dann rettest du laut Fleischrechner statistisch gesehen in den nächsten zehn Jahren 117 Hühnern, fünf Schweinen und einem halben Rind das Leben.
Mit einer gesunden Ernährung schützt du das Klima.
Wir haben alle etwas von einer Ernährungsumstellung. So kann eine rein pflanzliche Ernährung den CO2-Fußabdruck einer Person laut einer Studie an der Oxford University um bis zu 73 % senken. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) kommt zu einem ähnlichen Ergebnis und kalkuliert bei einem Verzicht von Fleisch- und Milchprodukten mit einer Reduktion der ernährungsbedingten Emissionen von 69 bis 81 %.
Wie kann eine Ernährungsumstellung gelingen?
Iss, wenn du Hunger hast.
Was selbstverständlich klingt, ist für die meisten Erwachsenen wahnsinnig schwer: Wir haben verlernt, unserem natürlichen Hungergefühl nachzugehen, weil wir gerade in Süßem und Fettigem eine Belohnung, einen Trost oder eine Abwechslung sehen. Wer die Ernährung umstellen will, kann sich Notizen machen: Wann und warum habe ich gegessen? War es aus Frust oder Langeweile, kannst du das Hungergefühl auf Dauer als falsch identifizieren und unnötige Mahlzeiten weglassen. Stress-, Trost- und Frustessen wird oft ohnehin so schnell verzehrt, dass die Mahlzeit gar nicht richtig wahrgenommen wird. Ein Tagebuch oder eine App hilft dir dabei, die unnötigen Mahlzeiten zu identifizieren.
Iss, was du magst.
Eine Ernährungsumstellung ist keine kurzfristige Diät, sondern soll auf Dauer sein. Sie darf daher keine Bestrafung sein, bei der du auf alles verzichtest, was du liebst. Umstellung bedeutet Ausgewogenheit. Warst du ein:e Hardcore-Fleischesser:in und hast deinen Fleischkonsum stark eingeschränkt, dann ist das ein Erfolg für dich. Die Frage, ob du dauerhaft darauf verzichtest, ist erst der nächste Schritt. Hast du früher jeden Tag Süßigkeiten gegessen und jetzt nur noch ab und zu, dann ist das ebenso ein Erfolg. Fang bei deiner Umstellung mit Rezepten und Einkäufen an, die dir leichtfallen und die du magst. Es soll es dir zu jedem Zeitpunkt schmecken.
Hol dir professionelle Beratung.
Frag deine Krankenkasse, ob sie Ernährungsberatungen anbieten. Viele Krankenkassen haben solche Services oder zumindest Infomaterial mit wichtigen Ernährungstipps.
Kauf ein, wenn du satt bist.
Wer mit Loch im Bauch in den Supermarkt reingeht, kommt garantiert mit viel Schmarrn wieder raus. Am besten gehst du einkaufen, wenn du satt bist und kaufst die Sachen, die du dir schon vorher für bestimmte Rezepte überlegt hast. Kauf dir vor allem gesunde Snacks. Beißt man mal wieder gedankenverloren in etwas rein, ist es gut, eine Karotte in der Nähe zu haben, bevor die (ganze) Toastpackung herhalten muss.
Entdecke den Heißhunger auf Gesundes.
Umstellungen sind immer blöd. Und seit der Kindheit weiß man, dass die gesunden Sachen im Gaumen längst nicht so Spaß machen wie fettiges Süß- und Salzzeug. Doch wer weniger süß und fettig isst, hat sich schnell daran gewöhnt. Und plötzlich klebt die vermeintliche Belohnung einfach nur noch ätzend am Gaumen und liegt schwer im Bauch. Man kann sich genauso einen Heißhunger auf frisches Obst und Gemüse antrainieren wie auf Pizza, Pommes und Co.
Mit welchem Körpergefühlt möchtest du rumlaufen?
Der Tag ist nach so einer Schweinshaxn am Mittag oder einer fetten Pizza durchaus mal gelaufen. Überleg dir, mit welchem Körpergefühl du heute noch arbeiten, dich verabreden oder einschlafen möchtest. Fit wie ein Turnschuh – oder schwer wie ein Skistiefel? Überleg dir dabei, ob das Völlegefühl wirklich die Belohnung ist, die du dir vorgestellt hast.
Energie ist der schnellste Weg, etwas zu verändern.
Ernährungsumstellungen sind mühsam. Wenn es mal schwierig ist: Mach deinen Wechsel zu echter Ökoenergie, wenn du' noch nicht gemacht hast. Der Wechsel verlangt niemandem Verhaltensänderungen ab, sondern ist nach ein paar Minuten vorbei. Dafür sparst du insgesamt so viel CO2 wie bei keiner anderen Klimaschutzmaßnahme. Und bei Polarstern förderst du den Ausbau der erneuerbaren Energien so richtig, nämlich weltweit. Nutze die Chance!