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Kürbisse mit Biosiegel

Bio- und Fair-Trade-Siegel: Was sie aussagen – und was nicht.

Kürbisse mit Biosiegel
Ein bewusster Konsum ist wie alles im Leben: ein Lernprozess. Am Anfang steht die Entscheidung für ein Bio- oder ein fair gehandeltes Produkt. Erst dann kapiert man, dass es da Unterschiede gibt. Manche Produkte sind fairer als andere, in wieder anderen steckt ein bisschen mehr Bio. Sozialsiegel und Biolabel vereinfachen die Suche. Aber für was stehen die Siegel eigentlich? Sind sie wirklich so gut? Oder lassen wir uns von unseren Erwartungen blenden?

von Michael. - Lesezeit: 6 Minuten

Menschen stehen auf Labels, denn sie geben Sicherheit. Ein Pulli kann noch so hässlich sein, ist das Logo einer hippen Marke aufgedruckt, steigt das Vertrauen, dass er vielleicht doch ganz cool ist. Auch bei Lebensmitteln geben uns Label Sicherheit. Denn wenn ein Bio- oder Fair-Siegel drauf ist, kann das Produkt ja nicht so unfair und unökologisch sein, oder? Die erste Antwort lautet: stimmt. Die zweite: Nicht immer werden die eigenen Erwartungen an ein Bio- und Fairsiegel erfüllt. Schauen wir uns an, was Bio- und Fairhandelssiegel können – und was nicht.

Was Fair-Siegel können – und was nicht.

Prinzipiell stehen die meisten Sozialsiegel wie Fairtrade für etwas Gutes: Sie sind der erste Schritt für einen gerechteren Handel und bessere Arbeits- und Lebensbedingungen für die Bauern und Beschäftigten in den Erzeugerländern. Auf dem Weltmarkt sind die Preise für Kakao, Kaffee und Co. oftmals so mickrig, dass die Bauern nicht mal ihre Produktionskosten decken können. Hungerlöhne und Ausbeutung sind oftmals die bittere Konsequenzen. Die meisten Sozialsiegel verfolgen deshalb diese Ziele.

Ziele von Siegeln:

  • Mindestpreise für die Bauern.
  • Langfristige Handelsbeziehungen.
  • Vorfinanzierung von Ernten.
  • Prämien, die für Gemeinschaftsprojekte genutzt werden, zum Beispiel für den Bau von Brunnen und Straßen oder für die medizinische Versorgung.
  • Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit.
  • Verbot von Gentechnik und giftigen Chemikalien.
  • Förderung des ökologischen Landbaus.
  • Einhaltung von Gesundheits- und Arbeitsschutzmaßnahmen.
  • Mindestpreise für die Bauern.
  • Langfristige Handelsbeziehungen.
  • Vorfinanzierung von Ernten.
  • Prämien, die für Gemeinschaftsprojekte genutzt werden, zum Beispiel für den Bau von Brunnen und Straßen oder für die medizinische Versorgung.
  • Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit.
  • Verbot von Gentechnik und giftigen Chemikalien.
  • Förderung des ökologischen Landbaus.
  • Einhaltung von Gesundheits- und Arbeitsschutzmaßnahmen.

Erwartung manchmal größer als der Impact.

Doch kann die Erwartung an ein faires Produkt größer sein als sein tatsächlicher Impact. So kann es sein, dass Produzent:innen bei einem Fair-Programm teilnehmen und trotzdem nicht von ihrer Arbeit leben können. Beispiel Schokoladenmarkt: Für ein existenzsicherndes Einkommen müssten sich laut Entwicklungsorganisation INKOTA die Einkünfte der Beschäftigten der Kakaoindustrie in Ghana verdoppeln, in Elfenbeinküste sogar verdreifachen.

Mischprodukte.

Wenn ein Produkt ein Fair-Siegel trägt, heißt das auch nicht, dass alle Inhalte eines Produkts die Siegelkriterien erfüllen müssen (oder können). Mischprodukte bestehen schließlich immer aus vielen Zutaten und Inhaltsstoffen. Während Monoprodukte wie Reis oder Kaffee immer zu 100 % fair gehandelt sein müssen, weil sich die Rohstoffe einfacher zum Erzeuger zurückverfolgen lassen, sind die Lieferketten bei Mischprodukten wie Schokolade oder Keksen entsprechend komplexer. Dadurch ist der Fair-Anteil in Produkten oft unterschiedlich hoch. Mit einem Blick aufs Etikett erkennst du, welche Produkte „fairer“ sind. Beim wohl bekanntesten Soziallabel Fairtrade muss der fair gehandelte Anteil in Mischprodukten bei mindestens 20 % liegen. Bei Gepa, dem größten europäischen Importeur von fairen Produkten, bei mindestens 50 %. Grundsätzlich gilt, dass alle Zutaten, die im Fair-Standard verfügbar sind, auch verwendet werden müssen.

Mengenausgleich.

Im Prozess der Weiterverarbeitung kommen bei vielen Produkten konventionelle und fair gehandelte Rohstoffe zusammen. Wie hoch der Fair-Anteil letztlich ist, kann dann nur noch schwer überprüft werden. Es kann sogar sein, dass in einer Fair-Trade-Schokolade nur konventionell gehandelter Kakao enthalten ist. Diese Produkte sind dann mit der Angabe Mengenausgleich versehen. Der Mengenausgleich gibt an, dass die nachgefragte Menge des Fairtrade-Rohstoffs auch produziert und verkauft wurde, aber nicht unbedingt in diesem Produkt steckt. Deshalb ist es besser, Produkte zu wählen, indem auch wirklich nur fair erzeugter Kakao drinsteckt – so wie Ökostrom auch immer zu 100 % aus erneuerbaren Energien erzeugt werden sollte.

Fairtrade macht Misch- und Mengenausgleichsprodukte mit einem Pfeil im Logo transparent. Dazu gibt es auf den Packungen noch mehr Infos über die fair gehandelten Mengen. Alle Produkte, die mit dem Logo ohne Pfeil versehen sind, bestehen auch zu 100 % aus fairen Zutaten.

Produkt – und Lieferkettenzertifizierung.

Generell unterscheidet man bei den Fair-Handels-Siegeln zwischen der Produktzertifizierung – und der Zertifizierung ganzer Lieferketten. Produktzertifizierung heißt: ein herkömmliches Unternehmen bietet einzelne fair gehandelte Produkte an. Es bedeutet noch nicht, dass das Unternehmen seine gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dem fairen Handel zuschreibt. Hier sind die Produkte oft mit dem Faitrade-Siegel zertifiziert, dem wohl bekanntesten Sozialsiegel. Vergeben wird das Siegel durch den Verein TransFair, der zwar selbst nicht mit Produkten handelt, sie aber lizensiert.

Bei der Zertifizierung der integrierten Lieferkette richten Unternehmen ihr gesamtes Handeln nach den Grundsätzen des Fairen Handels aus. Hier sind nicht einzelne Produkte von einem Lizenzgeber wie Fairtrade zertifiziert, sondern das gesamte Unternehmen – von Dachorganisationen wie etwa der World Fair Trade Organization (WFTO). Unternehmen, die ihre Lieferketten nach den Prinzipien des fairen Handels ausrichten sind zum Beispiel Gepa oder El Puente. Bei beiden Anbietern muss der Fair-Handelsanteil bei Mischprodukte bei mindestens 50 % liegen, Monoprodukte sind immer zu 100 % fair. Ziel ist es, auch bei Mischprodukten einen hundertprozentigen Anteil von fairen Inhalten anzubieten.

Labels, die fair und bio verknüpfen.

Einige Labels verknüpfen für Fair- und Biostandards zu einem Siegel. Dazu zählen etwa das Naturland-Fair-Siegel oder das Label Hand in Hand von Rapunzel. Die ökologischen Standards liegen meist über den EU-Öko-Normen, die das EU-Bio-Siegel vorgibt. Es ist richtig, bio und fair zusammenzudenken. Was die Umwelt belastet, schadet immer auch den Menschen. Pestizide und chemische Düngemittel laugen die Böden aus und verschmutzen das Trinkwasser. Wald und Lebensraum werden zudem oft deshalb oft vernichtet, weil die Preise und Erträge so niedrig sind. Dann bleibt den Bauern oft nichts anderes übrig, als neue Anbauflächen zu schaffen.

Fokus auf Schulungen.

Rainforest Alliance setzt einen anderen Fokus: Farmer:innen werden vor allem in nachhaltigen Anbautechniken geschult, die die Erträge und Einkünfte steigern sollen. Mindestpreise für ihre Produkte erhalten die Bauern jedoch nicht. Das macht sie abhängiger von den Weltmarktpreisen. Zum Vergleich: der Mindestpreis für eine Tonne Kakao liegt bei Gepa bei 3.500 Dollar beziehungsweise 3.100 Euro. Bei Rainforest Alliance wurde 2022 immerhin ein Nachhaltigkeitsbonus sowie eine Nachhaltigkeitsinvestition für Kakao, Kaffee und Haselnuss eingeführt. Eine Mindestprämie von 70 Dollar für eine Tonne Kakao liegt jedoch unter dem Fairtrade-Standards, wo eine Prämie von 240 Dollar für eine Tonne Kakao üblich ist.

Fairer geht's immer.

Mit der Wahl eines fair gehandelten Produktes drehst du vieles in die richtige Richtung. Die Zunahme an fairen Produkten im Supermarkt bedeutet, dass mehr Bauern Mindestpreise und Prämien für ihre Produkte bekommen und insgesamt mehr Sicherheit haben. Was es allerdings wirklich braucht, ist, dass die Erzeugerländer mehr Kontrolle über die Preise bekommen und die Wertschöpfung ins eigene Land holen. Dann kann sich die lokale Wirtschaft insgesamt besser entwickeln. Ein Beispiel ist FairAfric. Das Unternehmen aus Deutschland produziert die Schokolade komplett in einer biozertifizierten Kooperative in Ghana. Das schafft Arbeitsplätze vor Ort und sorgt für mehr Kontrolle bei der Preispolitik. Für eine Tonne Kakao zahlt Fairafric außerdem eine Prämie von 600 Dollar.

Was Bio-Siegel können – und was nicht.

Im Unterschied zu Sozialsiegeln regeln Bio-Siegel nicht den Handel, sondern die Art des Anbaus. Allein in Deutschland gibt es rund 100 davon. Man muss gar nicht den Durchblick über alle Siegel haben, denn grundsätzlich müssen alle Labels den Mindeststandards der EU-Öko-Verordnung entsprechen – auch das deutsche Biosiegel. In Europa legt die EU-Öko-Verordnung genau fest, wie Bioerzeugnisse hergestellt werden müssen. Produkte, die mit dem EU-Biosiegel zertifiziert sind, müssen zu mindestens 95 % aus Zutaten des kontrolliert ökologischen Anbaus stammen.

Kontrolliert ökologischer Anbau.

Im kontrolliert ökologischen Anbau laufen viele Dinge besser als im konventionellen. So ist etwa der Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln, ebenso von Gentechnik und mineralischem Kunstdünger verboten. Der ökologische Landbau produziert damit weniger Gifte, die in unsere Gewässer gelangen. Er verursacht auch weniger Emissionen, weil Bio-Dünger nicht so energieintensiv ist wie mineralischer Kunstdünger. Die Böden werden geschützt, weil Fruchtfolgen und geschlossene Nährstoffkreisläufe eingehalten werden. Auch die Nitratbelastung in Grundwasser und Böden wird verhindert. Und für die Tier bedeutet Bio mehr: mehr Platz und besseres Futter.

Erwartung an Bio öft größer als der Impact.

Bio schont die Umwelt, und trotzdem sollte man ähnlich wie bei Fair-Siegeln bei seinen Erwartungen realistisch bleiben. Nur weil etwa ein Schwein in der biologischen Haltung mehr Platz bekommt, heißt das nicht, dass der Platz reicht. Oder dass das Schwein eine schöne Existenz führt. In der konventionellen Haltung wird einem Schwein gerade mal 0,75 m2 gewährt. Bei einem Bio-Siegel sind es mindestens 1,1 bis 1,3 m2. Besser ist also noch lange nicht gut. Ob man wirklich verantwortungsvoller konsumiert, hängt auch nicht zwingend von einem Siegel ab. Beispiel: Wenn du die Wahl zwischen einer Bio-Avocado aus den Tropen und einer Tomate ohne Bio-Siegel aus Deutschland, dann ist die Tomate die bessere Klimaentscheidung.

Ökologischer geht's immer.

Es lohnt sich, zu checken, welche Standards Bio-Anbauverbände setzen. Oftmals liegen sie über den EU-Vorgaben. Zum Beispiel bei Bioland, Demeter, Naturland, Biokreis oder Biopark. Bei diesen Siegeln ist die gesamte Betriebsumstellung auf Bio vorgeschrieben. Düngemengen sind beschränkt, oft gibt es mehr Platz für die Tiere als es die EU-Bio-Vorgaben vorsehen. Legehennen haben Auslauf und Rinder dürfen auf die Weide. Außerdem muss das Tierfutter bio sein und zu mindestens 50 % aus dem eigenen Betrieb oder einem Kooperationsbetrieb stammen.

Regionalinitiativen.

Und es gibt Regionalinitiativen, die zwar nicht mit einem eigenen bekannten Bio-Siegel aufwarten können, in ihrem Nachhaltigkeitsbestreben dennoch oft über dem EU-Standard liegen. Regionalinitiativen findest du zum Beispiel auf der Plattform des Bundesverbands für Regionalbewegung.

Warum faire Produkte manchmal nicht bio-zertifiziert sind.

Natürlich hat eine nachhaltige Landwirtschaft auch etwas mit einer gerechteren Wirtschaft zu tun, schließlich sind Ökolandbau und die Erhaltung der Biodiversität gemeinwohl- und gesundheitsstiftende Maßnahmen. Manche Sozialsiegel setzen zu Beginn des Zertifizierungsprozesses jedoch ganz bewusst keine Bio-Standards voraus, weil es den Bauern in den Erzeugerländern den Zugang zum Fairtrade-Programm nur erschweren würde. Außerdem ist die Umstellung auf bio mit Zeit und Ertragsverlusten verbunden, die sich die Farmer:innen in der Zertifizierungsphase nicht leisten können. Sind die Bauern erst aber einmal in das Fair-System integriert, fördern Lizenzgeber wie Fairtrade auch den Bio-Anbau. Der Einsatz von giftigen Pestiziden und Gentechnik sind schon bei Eintritt in das Programm verboten.

So behältst du den Siegel-Überblick bei anderen Produktgruppen.

Wenn auf einem Produkt die Begriffe bio oder fair draufstehen, kann man etwas damit anfangen. Daneben gibt es noch eine Reihe branchenspezifischer Labels, die sich nicht so einfach einordnen lassen. Das ist bei Papier so, bei Holz, elektronischen Geräten und natürlich Kleidung.

Zum Glück muss man nicht in jeder Produktgruppe gleich zum Siegelexperten werden. Den Überblick behältst du ganz einfach mit Apps wie Siegelklarheit oder Label-Online. Im Supermarkt scannst du ein Siegel, und die App gibt dir eine detaillierte Bewertung zu den ökologischen und sozialen Standards. So erfährt man schnell, welche Produkte fairer und nachhaltiger sind.

Großer Ratgeber: Wir haben Siegel-Apps getestet

Die besten Ökostrom-Siegel.

Auch im Ökostrom-Markt gibt es Siegel. Die beiden Siegel, die vom Umweltbundesamt empfohlen werden, heißen ok power und Grüner Strom-Label. Beide Zertifikate kennzeichnen Ökostrom, der zu 100 % aus erneuerbaren Quellen – also Wind, Wasser, Sonne oder Biomasse – erzeugt wurde. Vor allem garantieren die Siegel, dass der Ökostromtarif wirklich den Ausbau der erneuerbaren Energien fördert.

Neben den Produktsiegeln gibt es Testergebnisse. Eine Empfehlung von Öko-Test oder der Umweltschutzorganisation Robin Wood bedeutet: Der Ökostromanbieter ist wirklich unabhängig von Kohle- und Atomstromkonzernen und fördert den Ausbau der erneuerbaren Energien. Ein Zertifikat durch den TÜV Nord ist der Beleg, dass der Ökostrom aus 100 % erneuerbaren Energien erzeugt wurde und den Ausbau der regenerativen Energien fördert.

Wirklich Ökostrom von Polarstern.

Unser Wirklich Ökostrom ist von Grüner Strom-Label und TÜV Nord zertifiziert. Außerdem wird er unter anderem von Öko-Test und Robin Wood empfohlen. Auch wir von Polarstern verbinden Öko und Fair. Bei uns bekommst du nur 100 % erneuerbare Energie aus wirklich nachhaltiger Erzeugung und treibst gleichzeitig die Energiewende weltweit voran. In Kambodscha stößt dein Wechsel den Bau von Biogasanlagen für Familien an. In Madagaskar unterstützt dein Wechsel den Aufbau einer solaren Stromversorgung für Dörfer. Wie wir das machen, erfährst du auf unserer Seite Weltweit. Vor Ort sorgt die saubere Energie für mehr Chancen, mehr Gesundheit und Umweltschutz. Weltweit schaffen wir eine weitere Möglichkeit, Emissionen zu verringern und unsere Klimaziele zu erreichen. Mach mit!

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Michael. | Team Wirklich

E‑Mail:  michael@polarstern-energie.de

Michael ist ein alter Hase im Marketing-Team und schon seit 2012 dabei. Als Online-Redakteur stammen viele Texte auf unserer Seite und im Polarstern Magazin aus seiner unverwechselbaren Feder.