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Atomkraft: Ist Atomstrom wirklich günstig?

Nachdem Deutschland in den Folgen der Katastrophe von Fukushima möglichst zügig aus der Atomkraft aussteigen wollte, gilt der Ausstieg seit der Energiepreiskrise teils als überhastet und ideologisch. Strom aus Kernkraft soll autark machen, sauber und günstig sein. Ist sie das?

von Michael. - Lesezeit: 9 Minuten

Sind es jetzt eher die Deutschen – oder die europäischen Nachbarländer, die nicht mehr alle Brennstäbe im Schrank haben? Deutschland nahm im April 2023 sein letztes Atomkraftwerk vom Netz, doch die Mehrheit in Europa intensiviert den AKW-Ausbau. Bulgarien, Finnland, Frankreich, Rumänien, Schweden, Slowakei, Tschechien – alle planen neue Reaktoren. Frankreich will sogar bis 2050 14 neue Reaktoren bauen, obwohl man eigentlich bis 2030 genauso viele schließen wollte. Polen steigt frisch in die Atomkraft ein, Belgien und die Niederlande wollen doch nicht raus. Typisch Gruppenzwang fragen einige Stimmen in Deutschland, ob man nicht auch aus dem Fenster springen sollte, wenn es alle anderen auch machen. Irgendwas muss die Atomkraft ja haben. Oder? Klären wir die wichtigsten Fragen rund um die Atomkraft.

Ist Atomstrom sauber?

Im Kampf gegen die globale Erderwärmung ist jedes Mittel zur CO2-Reduktion recht. In diesem Punkt steht die Kernkraft recht gut da, weil sie im Betrieb kaum CO2-Emissionen verursacht. In Frankreich, wo rund 70 % des Stroms aus Kernenergie gewonnen wird, war der Strommix immer etwas sauberer als im Kohlestrom geprägten Deutschland. 2018 verursachte eine Kilowattstunde Strom in Deutschland rund 400 Gramm CO2, in Frankreich waren es laut französischem Umweltministerium im selben Jahr nur 50 Gramm pro Kilowattstunde. Der Wert lag auch weit unter dem europäischen Durchschnitt von 300 Gramm pro Kilowattstunde.

Der deutsche Strommix wird zwar grüner, aber verursacht immer noch viel schmutzige Emissionen. © bmwi.de

Die Kernkraft wird daher selbst vom Weltklimarat IPPC als CO2-arme Stromerzeugungsart und damit als Brückentechnologie im Kampf gegen die Klimakrise anerkannt. Zudem hält sich auch die Luftverschmutzung von Atomkraftwerken in Grenzen. Gegenüber der Verbrennung von fossilen Energieträgern emittieren Atomkraftwerke keine chemischen Schadstoffe, die Atemwegs- und Herzkreislauf-Erkrankungen verursachen wie etwa Schwefeldioxid oder schwermetallhaltige Stäube wie Arsen.

Wie wahrscheinlich sind AKW-Unfälle?

Kernenergie kann also umweltverträglicher sein als die Verbrennung von fossilen Energieträgern. Aber es läuft nach dem Motto: Es darf halt nichts passieren. Tut es aber. Tschernobyl und Fukushima sind die großen Katastrophen, die in den Köpfen hängengeblieben sind. Dabei gab es in den letzten fünf Jahrzehnten viele Unfälle und Zwischenfälle, die sich weniger ins kollektive Gedächtnis gebrannt haben, aber durchaus brenzlig waren. In Deutschland hat man dabei ein paar Mal Glück gehabt. So explodierten 2001 im AKW Brunsbüttel Wasserrohre im Sicherheitsbehälter. Im selben AKW gab es 2007 einen Kurzschluss und am selben Tag einen Brand im AKW Krümmel. Aufgrund von Netzschwankungen ist vermutlich letzterer Vorfall eine Folge des ersteren. 1987 kam es in Biblis fast zu einer Kernschmelze, als mehr als 100 Liter radioaktives Kühlwasser austraten. Wie wahrscheinlich ein Super-Gau ist, lässt sich nicht vorhersagen, doch ein Bericht des Max-Planck-Instituts für Chemie von 2012 schließt nicht aus, dass bei der Fülle an Atomkraftwerken ein Größter Anzunehmender Unfall (GAU) in Europa alle 10 bis 20 Jahre möglich wäre.

Wohin mit dem Atommüll?

Neben der direkten Gefahr, auf einem Pulverfass zu sitzen, das vielleicht nie, vielleicht aber schon morgen in die Luft geht, gibt es noch die langfristige Bedrohung durch den Atommüll. Bis auf Finnland hat noch kein Staat ein Endlager gefunden. Potenzielle Orte findet man auffällig oft in Grenznähe zum Nachbarstaat, in der Hoffnung das Problem ein Stückchen von sich wegzuschieben, also ob ein paar Meter die eigene Bevölkerung schützen könnte. Die Schweiz möchte ihr Endlager nahe der deutschen Grenze aufschlagen, während man in Deutschland noch keine Idee hat, wo die rund 18.000 Tonnen an radioaktivem Müll hinsollen. Derzeit lagern sie noch oberirdisch in Zwischenlagern. Auch in deiner letzten Ruhestätte wird der Atommüll noch tausende von Jahren aktiv sein. Plutonium, ein Bestandteil des Mülls, löst schon bei kleinerer Dosis Lungenkrebs aus; Strontium 90, ein anderer Bestandteil führt zu Leukämie und Knochentumoren. Nach menschlichem Ermessen bleibt die Gefahr für immer. Bis die Hälfte der radioaktiven Atome von Plutonium zerfallen ist, vergehen rund 24.000 Jahre.

Kann man den Atommüll nicht einfach ins All schießen?

Klingt theoretisch gut, in der Praxis gibt es noch keine technisch machbare Lösung. Sie würde eine astronomische Summe kosten, würde die CO2-Bilanz der Kernkraft in jedem Fall ruinieren, und wenn es dumm läuft, geht die radioaktive Ladung bei einem Fehlstart noch auf der Erde in die Luft. Lieber nicht.

Wie viele Atomreaktoren gibt's weltweit?

Top 10ReaktorenTop 20ReaktorenTop 30Reaktoren
USA93Spanien7UAE3
Frankreich 56Pakistan6Mexiko2
China55Tschechien6Bulgarien 2
Russland 37Schweden6Rumänien2
Japan33Belgien5Brasilien2
Südkorea26Slowakei5Belarus2
Indien22Finnland5Südafrika2
Kanada19Ungarn4Slowenien1
Ukraine 15Schweiz4Niederlande1
UK 9Argentinien3Iran1
Armenien1

Weltweit gibt es 435 aktive Reaktoren. Quelle: Statista/World Nuclear Association.

Und wie geht's Deutschland ein Jahr nach dem Atomausstieg?

  • Laut einer Studie im Auftrag von Green Planet Energy und Greenpeace hat der Ausbau der erneuerbaren Energien die Atomstromlücke mehr als gefüllt und verdrängt auch zunehmend die Kohlekraft.
  • Der CO2-Ausstoß im Stromsektor ist durch den Rückgang der Kohleverstromung sowie des Stromverbrauchs insgesamt um 24 % gesunken.
  • Deutschland deckt rund 5 % seines Strombedarfs durch Importe.
  • Der Anteil von Atomstromimporten an der gesamtem Stromnachfrage lag im vergangenen Jahr bei 4 %.
  • Der Ausstieg aus der Atomkraft hat Strom nicht zusätzlich verteuert. Preistreiber waren vor allem die Nachwehen der Corona-Pandemie sowie der russische Angriffskrieg auf die Ukraine.

Ist Atomstrom günstig?

Die Unterstützer der Atomkraft argumentieren mit den niedrigen Atomstrompreisen, die Gegner mit den hohen Preisen. Wer hat recht? Auf den ersten Blick scheint ein Kostenvorteil der Atomkraft darin zu liegen, dass weniger Speicher und neue Stromnetze benötigt werden, wie es bei der Energiewende der Fall ist. Während Atomkraft relativ stabil stets die gleiche Menge Strom liefert, sind Ökostromkraftwerke auf die Launen der Natur angewiesen. Für eine vollständige Energiewende müssen so viele Anlagen und Speichermöglichkeiten verfügbar sein, dass man auch an wind- und sonnenarmen Tagen noch genügend Strom produzieren, beziehungsweise speichern kann. Und man braucht Netze, die den Windstrom aus dem Norden in den Süden liefern. Was das alles kosten wird, lässt sich nach jetzigem Stand kaum beziffern. Bis 2045 rechnen die Netzbetreiber allein für die Kosten des Netzausbaus mit rund 128,3 Milliarden Euro.

Ist ein Atomkraft-Ausbau billiger als die Energiewende?

Nicht im Ansatz. Laut französischem EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton benötigt die EU bis 2030 Investitionen von 50 Milliarden, um die bestehenden Kernkraftwerke zu sanieren und weitere 500 Milliarden, um jene zu bauen, die geplant sind. Und die meisten Projekte gehen ohnehin mit Verzögerungen und ungeahnten Kosten an den Start. Allein das Kernkraftwerk Hinkley Point C in England, das ursprünglich ab 2025 Strom liefern sollte, aber voraussichtlich erst 2031 ans Netz gehen wird, soll nach einem Bericht der Tagesschau statt der geplanten 21 Milliarden Euro rund 50 Milliarden Euro kosten.

Ein anderes Milliardenloch ist Flamanville in Frankreich. Der Bau des neuen Europäischen Druckwasserreaktors begann 2007, sollte fünf Jahre später ans Netz gehen und etwa 3,4 Milliarden Euro kosten. 2024 ist das Teil immer noch nicht fertig, und die Kosten belaufen sich auf mehr als 19 Milliarden Euro.

Stromgestehungskosten von Erneuerbaren am niedrigsten.

Im europäischen Vergleich liegen auch die Stromgestehungskosten von Atomkraft über den Kosten von erneuerbaren Energien. Nur die Stromproduktion von Steinkohle ist teurer. Die Stromgestehungskosten berechnen sich aus den Kosten für den Bau und Betrieb einer Stromerzeugungsanlage während ihrer Lebensdauer durch die Summe der erzeugten Energiemenge während der Nutzungsdauer. Erneuerbare-Energien-Technik ist dabei in den letzten Jahren immer günstiger geworden. Allein im Laufe des Jahres 2019 auf 2020 sind die Preise für Photovoltaikanlagen laut Deutschem Bundestag weltweit um 7 %, die von Großanlagen sogar um 16 % gefallen. Die Preise von Offshore-Windanlagen fielen um 9 %, die von Onshore-Windanlagen um 13 %.

Was die Stromgestehungskosten nicht abbilden, sind die Folgekosten der Erzeugungsarten, die vor allem bei der Atomkraft immens sind. Sie bilden andererseits aber auch nicht die Kosten für die Stromübertragung und -verteilung ab, die gerade beim Ausbau der erneuerbaren Energien eine große Rolle spielen.

Kosten der Stromerzeugung in der EU in Großkraftwerken.

Ist der Strom in Frankreich wirklich günstiger?

Frankreich, wo der Atomstromanteil bei mehr als 70 % liegt, wird gerne als Vorbild für günstigen Strom herangezogen. Dabei sind viele Reaktoren alt und marode. Weil das Land hohe Summen in seine Kraftwerke stecken muss und der staatliche Energiekonzern EDF mit rund 64,8 Milliarden Euro in den Miesen ist, sind die Strompreise auch in Frankreich stark gestiegen. Laut einer Modellrechnung des Internationalen Wirtschaftsforums Regenerative Energien (IWR) in Münster zahlte man im Februar 2024 in Frankreich für eine Kilowattstunde im staatlichen "Blauen Tarif" 25,16 Cent. Das ist praktisch deutsches Niveau, wo der durchschnittliche Kilowattstundenpreis für Neukund:innen im April 2024 bei 26 Cent für Neukund:innen lag. Ebenso zu berücksichtigen ist, dass der Strompreis in anderen Ländern nicht per se billiger ist als in Deutschland, sondern stärker subventioniert wird. Heißt: Man zahlt den Strompreis über die Steuern, weiß aber nicht wirklich, wie viel. Nun, da viele französische Meiler Risse zeigen, lassen sich auch die hohen Kosten der Atomkraft nicht mehr unter den Steuern verstecken.

Eine Kilowattstunde aus Atomkraft kostet die Gesellschaft am meisten. Grafik: Deutscher Bundestag. © Deutscher Bundestag

Die wahren Kosten der Kernkraft kann niemand abschätzen.

Atomstrom hat zudem Folgekosten im Gepäck, die sich kaum kalkulieren lassen. Das Bundeswirtschaftsministerium setzt die wahren Kosten bei rund 38 Cent pro Kilowattstunde an. Doch muss bei der Kernkraft der größte anzunehmende Unfall (GAU) immer mit eingeplant werden. Wer einen Kostenvoranschlag für Bau eines Atomkraftwerks vornimmt, tut dies unter der Prämisse, dass hoffentlich nichts schiefgehen wird. Doch wenn es blöd auf blöd kommt, folgt auf ein Erdbeben ein Tsunami und das AKW steht noch dazu in Küstennähe. So geschehen 2011 in Fukushima. Weil derartige Clusterschlamassel eben doch möglich sind und mit zunehmendem Ausbau der Kernkraft wahrscheinlicher werden, können Atomkraftwerke nur unzureichend versichert werden. In Deutschland sind sie zwar haftpflichtversichert, doch ist bei einigen Hundert Millionen Euro Schluss. Den Rest bezahlt die Gesellschaft.

Was kostet ein AKW-Super-Gau?

Die Kosten für einen Super-GAU liegen laut einer Analyse des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag von Greenpeace Energy (mittlerweile Greenplanet Energy) bei 100 bis 430 Milliarden Euro. Die Katastrophe von Fukushima soll laut japanischer Regierung einen Schaden von rund 220 Milliarden Dollar verursacht haben. Doch auch kleinere Malheurs und Zwischenfälle läppern sich. Die Tagesschau hat dazu vor einigen Jahren eine interessante Liste von Unfällen und ihre Kosten bis zur Katastrophe von Fukushima zusammengestellt.

Sichert Atomkraft die Stromversorgung?

Je höher der Anteil der Erneuerbaren wird, desto schwieriger wird es, die Stabilität im Netz zu halten. Für die Energiewende nehmen hier Atomkraftwerke eine stabilisierende Rolle ein. AKWs können planbar Strom liefern, wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht. Sie können Stromengpässe der Erneuerbaren ausgleichen und die Netze stabil halten. Aber wie stabil sind Atomkraftwerke in Zeiten des Klimawandels wirklich? Schließlich macht der Klimawandel auch den AKWs zu schaffen. In Frankreich mussten im Sommer 2022 viele Reaktoren ihre Leistung runterfahren, weil sie aufgrund von niedrigen Flusspegeln nicht angemessen gekühlt werden konnten.

Insgesamt zeigt das Beispiel Frankreich, dass eine hohe Zahl an Atomkraftwerken noch kein Garant für die Versorgungssicherheit eines Landes ist. Frankreich bezieht mehr als 70 % seines Stroms aus der Kernkraft, die meisten Reaktoren sind sanierungsbedürftig, aber auch neuere waren 2022 von Korrosionen betroffen. Insgesamt musste Frankreich die Leistung von 27 seiner 56 Atomreaktoren herunterfahren. Deutschland und andere europäische Nachbarn mussten Frankreich mit mehr Strom beliefern als üblich. Und weil Frankreichs Atomstrom auf dem Markt fehlte, stiegen die Strompreise auf dem europäischen Markt. Atomstrom wurde damit zu einem der Treiber der Energiepreiskrise.

Macht uns die Atomkraft unabhängig?

Die Atomkraft wurde vor allem seit der Energiepreiskrise und dem Überfall Russlands auf die Ukraine auch in Deutschland erneut ins Spiel gebracht. Die Kernkraft sei ein Weg aus der Unabhängigkeit von Staaten, so die Vorstellung. Atomkraftwerke sind aber keine Inselsysteme, sondern benötigen Uran. Laut Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) stammt der vor allem aus Kasachstan, Kanada, Australien, Niger, Namibia, Usbekistan, USA, aber auch aus Russland.

Uranlieferungen gehen weiter.

Die Uranlieferungen aus Russland nach Deutschland gehen bis heute weiter. Das Material wird für die Produktion von Brennstäben für EU-Staaten gebraucht. Nach einem Bericht von Report aus Mainz soll die Produktion sogar ausgebaut werden. Verkäufer des Urans ist der russische Staatskonzern Rosatom, der überall auf der Welt den Bau von Kernkraftwerken finanziert, zum Beispiel in Ägypten, der Türkei und auch in Ungarn. Die Abhängigkeiten haben direkte Auskwirkungen auf die europäische Politik. Weil die russischen Brennstäbe in Zukunft gebraucht werden, blockiert Ungarn EU-Sanktionen gegen Russland.

Was können neuartige Atomkraftwerke?

Aktuell liegt die Hoffnung auf einer neuen Generation von Atomkraftwerken. Sie sollen die Kernenergie sicherer, günstiger und dezentraler machen – und damit neben den Erneuerbaren einen zweiten Weg aus dem fossilen Zeitalter öffnen. Die wohl bekanntesten Optionen sind Thorium-Flüssigsalzreaktoren und Small Modular Reactors (SMR).

Thorium-Flüssigsalzreaktoren.

Thorium-Flüssigsalzreaktoren arbeiten mit flüssigen Brennstoffen, die die Gefahr von Kernschmelzen und Gasexplosionen mindern sollen. Die Technik produziert weniger Atommüll, und das Kernelement Thorium ist einfacher zu beschaffen als Uran. Es fällt zum Beispiel bei der Förderung von seltenen Erden an, die für Smartphones oder Computer benötigt werden. Ein erster Forschungsreaktor nach der Thorium-Flüssigsalz-Methode steht in China kurz vorm Betrieb. Expert:innen rechnen jedoch damit, dass die Technik erst in einigen Jahrzehnten kommerziell nutzbar sein wird.

Modulare AKW.

Bei den Small Modular Reactors (SMR) handelt es sich um Mini-Atomkraftwerke, die weniger Strom erzeugen als herkömmliche AKWs, dafür aber weniger Atommüll verursachen und günstiger und schneller produziert werden können. Ihre Bauteile können in Fabriken vorproduziert und am Standort zusammengesetzt werden. Während gängige Leichtwasserreaktionen Leistungen von 1.300 bis 1.600 Megawatt auffahren, schaffen SMRs nur 15 bis 300 Megawatt. Das Besondere ist aber, dass sich die Mini-Reaktoren zum Schwarm zusammenschalten lassen. Im Verbund erbringen sie dann die Leistung eines großen Reaktors – zumindest in der Theorie. Denn ähnlich wie Thorium-Flüssigsalzreaktoren sind Modularreaktoren von einer kommerziellen Nutzung noch so weit entfernt, dass sie im Netz teils als Power-Point-Reaktoren verspottet werden. Und ob viele kleine Atomkraftwerke günstiger sind als ein großes oder in der Menge weniger Müll produzieren, wird ebenso angezweifelt.

Atomkraft nein, nein.

Die Atomkraft kann helfen, CO2 zu reduzieren und Schwankungen in der Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien auszugleichen. Gleichzeitig stellt sie ein existenzielles Sicherheitsrisiko dar. Ein Ausbau zieht Budget ab, das dringend für die Energiewende gebraucht wird. Wer sich jetzt finanziell auf Technologien versteift, die erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts nutzbar sind, hat im Kampf gegen die Klimakrise wenig gewonnen, sondern verschiebt den Ausbau der erneuerbaren Energien abermals in die Zukunft. Zu Erreichung der Klimaziele in Deutschland bleiben vielleicht noch rund 15 Jahre Zeit. So lange wie etwa der Bau eines neuen Atomkraftwerks dauert.

Vorbild Spanien.

Die Energiewende ist ebenso eine enorme Anstrengung. Aber sie ist eine Investition in die Zukunft. Sie ist kein Pulverfass und kontaminiert die Erde nicht bis in alle Ewigkeit. Spanien hat sich übrigens wie Deutschland aus der Atomkraft verabschiedet. Nach einem Bericht der Wirtschaftswoche liefern die Windkraftwerke jetzt schon mehr Strom als die sechs spanischen Atomkraftwerke. Das Land ist wahrscheinlich das bessere Vorbild.

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Michael. | Team Wirklich

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Michael ist ein alter Hase im Marketing-Team und schon seit 2012 dabei. Als Online-Redakteur stammen viele Texte auf unserer Seite und im Polarstern Magazin aus seiner unverwechselbaren Feder.