Interview mit Africa GreenTec: Energiewende in Madagaskar.
von Michael. - Lesezeit: 4 Minuten
Inhalt:
- Wie der Klimawandel Madagaskar trifft.
- Warum man für Entwicklung Energie braucht.
- Was die Stromversorgung von Africa GreenTec alles verändert.
- Warum Investieren besser ist als Spenden.
- Wie du Strom ins nächste Dorf bringst.
Ist der Klimawandel in Madagaskar ein Thema?
Der Klimawandel ist ein riesiges Thema. Ich bin selbst in Madagaskar aufgewachsen. Als ich vor knapp 20 Jahren im Nordosten des Landes meinen ersten Wirbelsturm erlebt habe, hieß es, so etwas passiert höchstens alle 50 Jahre. Inzwischen kommen diese Stürme aber im Zweijahrestakt. Wir reden hier von Stürmen mit einer Windgeschwindigkeit von 300 km/h, die alles wegfegen und keinen Baum mehr stehenlassen. Ein Land, in dem du jedes Jahr aufs Neue alles wiederaufbauen musst, kann sich nicht weiterentwickeln. Hinzu kommt die Dürre im Süden. Die Trockenheit hat so zugenommen, dass sich die Menschen nicht mehr durch Landwirtschaft versorgen können. Dabei war die Südwestregion einmal ein Hauptproduzent von Reis. Als ich klein war gab es dort Reisfelder, so weit das Auge reichte. Inzwischen gibt es keine Felder mehr. Es ist einfach kein Wasser da, um sie zu bewirtschaften. Inzwischen ist Madagaskar abhängig von Importen und Spenden. Die Abholzung im Land verstärkt die Krise. Aber die Menschen brauchen nun mal Holz, um damit zu kochen.
Kann man mit erneuerbarer Energie gegensteuern?
Es gibt gar keinen anderen Weg! Damit sich Leben entfalten kann, braucht man zwei Sachen: Wasser und Energie. Das gilt für Pflanzen, kleinste Lebewesen, den Menschen und die Wirtschaft. In vielen Dörfern in Madagaskar gibt es vielleicht noch etwas Wasser, aber keine Energie. So kann sich ein Land nicht weiterentwickeln, da kannst du noch so viel Geld investieren.
Und hier setzt Africa GreenTec an.
Richtig. Wir sorgen dafür, dass Wasser und Strom in die Dörfer kommen. Das fördert die Wirtschaft, und die Menschen können sich auf andere Dinge konzentrieren, als sich drei Stunden am Tag um ihre Wasserversorgung zu kümmern.
Wie versorgen sich die Menschen denn bislang mit Energie?
Mit Dieselgeneratoren oder kleinen Solar-Home-Systemen. Mit denen kannst du vielleicht ein paar Lichter anmachen oder kleine 12-Volt-Anlagen bedienen, mehr aber auch nicht. Unsere Solartainer dagegen ermöglicht eine produktive Nutzung des Stroms, mit der auch Betriebe arbeiten können.
Wie sieht eure Leistung in den Dörfern konkret aus?
Grundlage unserer ImpactSites, wie wir sie nennen, ist ein Solartainer, der mit Sonnenenergie Strom produziert. Der Solartainer betreibt gleichzeitig auch eine Wasserreinigungsanlage. So versorgt die Anlage das Dorf also nicht nur mit Strom, sondern auch mit sauberem Wasser. Auch Solarpumpen gehören zur ImpactSite. Sie können Wasser aus bis zu 60 Metern hochpumpen, was sie auch für Regionen interessant macht, die unter Dürre leiden. Um den Strom verteilen zu können, bauen wir ein Mini-Grid, also ein kleines Stromnetz. Jeder Kunde bekommt einen Stromanschluss inklusive eines Smartmeters, mit dem wir den Stromverbrauch messen und steuern. Es gibt aber noch mehr Anwendungen. Da wir den Solartainer aus der Distanz übers Internet überwachen, ist automatisch WLAN verfügbar. Internet können wir also ebenso als Service anbieten. Am Ende können unsere Kunden frei entscheiden, was sie bei uns bestellen möchten: Wasser, Strom, WLAN – oder alles.
Was ist das Ziel von Africa GreenTec in Madagaskar?
Unsere Vision ist es, rund 50 Dörfer zu elektrifizieren. Die Dörfer selbst wählen wir anhand eines Bewertungsprogramms aus. Mit dem Kriterienkatalog stellen wir sicher, dass alles effizient abläuft. Denn du kannst sehr viel Zeit und Ressourcen darauf verwenden, sämtliche Dörfer zu besuchen. Aber bestimmte Voraussetzungen müssen nun mal von vornherein gegeben sein.
Was muss erfüllt sein, dass ein Projekt funktioniert?
Eine wichtige Voraussetzung ist die Dorfgröße und die Einwohnerzahl. Denn damit wir wirtschaftlich arbeiten können, brauchen wir natürlich Kunden. Eine weitere Voraussetzung ist, dass es in dem Dorf eine Mittelschicht und kleine Unternehmen gibt. Im Dorf Mahavelona, unserem Pilotprojekt, sind alle Kriterien erfüllt. Es gibt Betriebe, einen großen Markt und die Kaufkraft für unseren Service. Sobald Strom da ist, wird Mahavelona einen kleinen wirtschaftlichen Aufschwung erleben.
Warum?
Betriebe können mit Strom größere Maschinen benutzen. Sie werden produktiver, können Menschen einstellen und höhere Einkommen zahlen. Das kurbelt die Wirtschaft an. Den Lebensmittelhandel können wir zusätzlich mit unseren Cooltainern ankurbeln.
Was sind Cooltainer?
Das sind Kühlcontainer, die mit Solarenergie laufen. Für die Händler im Dorf ist das eine wichtige Sache, weil sie ihre Ware endlich vernünftig lagern können. Betrachtet man den ganzen Kontinent Afrika verderben im Schnitt rund 40 % der Lebensmittel aufgrund mangelnder Kühlung. Mit den Cooltainern können Händler mehr verkaufen und für die Kunden gibt es mehr Auswahl.
Wie bist du selbst zu Africa GreenTec gekommen?
Ich habe Thorsten (Schreiber), den Gründer von Africa GreenTec vor fünf Jahren in Madagaskar kennengelernt, als ich dort selbst gerade Urlaub machte. Das Unternehmen hat mir auf Anhieb gefallen. Die haben die Menschen vor Ort nicht als hilfsbedürftige Menschen betrachtet, sondern als Kunden. Das hat mich beeindruckt. Wir sind danach in Kontakt geblieben. Seit diesem Jahr bin ich nun fest bei Africa GreenTec.
Hattest du denn davor schon schlechte Erfahrungen mit Firmen gemacht?
Firmen aus dem Ausland haben es in Madagaskar meistens auf die Rohstoffe abgesehen. Ob sich das Land weiterentwickelt, interessiert die nicht. Beim Geschäft mit seltenen Erden und anderen Rohstoffen geschieht dann auch meistens genau das Gegenteil: Die Einheimischen profitieren nicht, sondern werden ausgebeutet. Auf der anderen Seite ist noch die Hilfsindustrie, aber dazwischen gibt es nichts. Africa GreenTec war das erste Unternehmen, das ich in Madagaskar gesehen habe, das nicht in einen Rohstoff investiert, sondern in das Land und die Menschen. Wer langfristig etwas aufbauen will, profitiert, wenn es dem Land gut geht. Das macht die Sache auch nachhaltiger als Hilfsorganisationen.
Inwiefern?
Spenden zielen nicht auf die nachhaltige Entwicklung eines Landes ab. Wenn man die Entwicklung eines Dorfes, einer Region oder eines Landes wirklich vorantreiben will, muss man wirklich lange arbeiten, bis es vorangeht. Dafür muss man lange vor Ort sein – da reichen ein, zwei Jahre nicht. Viele Spendenprojekte haben aber genau diesen Zeitrahmen, bis der Spendenfluss eben versiegt, das treibt keine Entwicklung voran. Wir binden die Menschen stark in das Projekt ein. Es ist ihres. Das steigert die Akzeptanz des Projekts. Wir schulen zum Beispiel Elektriker aus dem Dorf in der Wartung der Solartainer und Mini-Grids. Im Grunde, sind wir eine Schicksalsgemeinschaft. Unser Erfolg als Unternehmer, als Energie Versorger, ist davon abhängig dass Menschen im Dorf auch erfolgreich sind, und es den gut geht.
Wie wird man eigentlich Kunde?
Indem man uns sagt, dass man Kunde werden möchte, und auch bereit ist, dafür zu zahlen (lacht).
Vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast, Fahamaro!
Wie du Strom ins nächste Dorf bringst.
Und das passiert, wenn du Kund:in wirst: Mit deinem Wechsel zu Wirklich Ökostrom, Wirklich Ökogas, Wirklich Autostrom oder zu unseren Spezialtarifen sorgst du dafür, dass wir noch mehr in die Energieversorgung in Madagaskar investieren können. Die Klimakrise ist eine weltweite Aufgabe, die wir nur gemeinsam meisten können. Mit unserem Tarifrechner erfährst du, was wirklich bessere Energie für dich kostet. Und mit einem Klick auf den Button berechnest du, was du mit Polarstern alles bewirkst. Denn da ist noch mehr. Wirklich.
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